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Home Kampagne

"Slipshades sind gut zu beschwören, um einem die Haare zu friesieren."
Allanon Donnaj y Rantillju aus Travar

Outtime

Die Home Kampagne läuft mit weiten Unterbrechungen seit Herbst 1999.

Aktuelle Besetzung

Allanon Donnaj y Rantillju aus Travar. Menschlicher Geisterbeschwörer gespielt von Michael "Myan" Berger.
Galen. Elfischer Dieb/Illusionist gespielt von Daniel Umber
Omania Shiloh. Windling Schmiedin/Elementaristin gespielt von Steffi Pirnay
Hervoyel Elwyndas. Elfischer Druide gespielt von Norbert Bubeck

Plot

Eine Gruppe von sehr weit fortgeschrittenen Hütern ihrer jeweiligen Disziplin, nebst der Lehrlingstufe in einer weiteren, die schon sehr lange unterwegs war, bei vielen Abenteuern mit dabei war, macht sich auf den Weg zu einem neuen Abenteuer der ganz großen Art... Das ist das einzige, was den Mitgliedern der Gruppe noch an Erinnerung geblieben ist. Fast ihr ganzes Leben verbrachten sie als Adepten. Aber was geschah, nachdem sie aufbrachen, wissen sie nicht mehr, noch wissen sie wo sie sich befinden. Ein fremdes Land, eine fremde Zeit (?), weit weg. So weit weg, daß sich nicht einmal mehr jemand so recht an Thera erinnern kann (oder will?).

Dies, nebst einer Vielzahl neuer Karten, Städte, politischer Systeme und Subsysteme, Kreaturen, Sprachen, Charaktere (NSC's) ist der Start einer neuen Kampangne: Heim.

Heim

Die letzten Jahre waren Politik gewesen. Alles was man sich so als Bürger einer Stadt nach langem Weg wünscht ist in Erfüllung gegangen. Viel hatte der Krieg geändert, vieles aber auch nicht. Ob Throal oder die Theraner, ob die alten Balladen oder die neuen Strophen, die Magie der Dinge fließt ihren eigenen Weg.Aber Du, oh großes Abenteuer Leben, singst andere Lieder und greifst nach ferneren Sternen. Ferner, als es die Nachbarn jemals in stiller Lektüre lesen werden. Eine letzte große Aufgabe, eine letzte große Schlacht, eine letzte große Entscheidung steht vor Euch, wie ein großer Fels in stiller See. Es ist diese Aufgabe, die noch unerreichbarer scheint als alles, was bisher gewesen war. Es ist diese Aufgabe, die Partner des Lebens aus Euch macht. Den frischen barsaivianischen Wind im Rücken, mit schnellen Schritten vorwärts eilend seid ihr auf dem Weg, der Euch weit von den Euren und Euren Häusern führt. Abenteuer, wie es kaum ein Leben authentischer beschreiben könnte. Euer Abenteuer. Es ist...

Prolog

Mit schwerem Atem wacht Ihr auf. Eine Waldlichtung, die Sterne über euch. Eine Eule, die ihre geheimnisvoll klagende Melodie in den klaren Nachthimmel seufzt. Die Luft allein ist ein wenig stickig. Ungewöhnlich für den Frühling. Kein Feuer, ungewöhnlich für eine Gruppe Adepten, die schon so viel miteinander erlebt hat. Halb träumend, halb wachend seht ihr Euch um, seht Eure Freunde, die Euch so vertraut sind und welchen das Leben seine Fäden eingraviert hat, wie in alles, was die Chance erhält, alles mit ihm zu erleben. Sie sind vertraut. Seit Jahren gut vertraut. Seit vielen Jahren vertraut tut es gut, sie alle wieder zu sehen.

Geschichten

Allanon Donnaj y Rantillju aus Travar

Die Flucht

Als ältester Sohn eines reichen Händlers in Travar, war ich stets verwöhnt worden. Ich war davon überzeugt, daß die Welt eines Tages mir gehören würde - auf die eine oder andere Weise. Stets wurde mir eingetrichtert, ich würde meines Vaters Nachfolge antreten und das Gut erben. So war für mich während meiner Kindheit und frühen Jugend die Welt in Ordnung. Eingebildet und arrogant wie ich war, hatte ich nie echte Freunde. Doch kümmerte mich das kaum, wußte ich doch, daß ich mir mit Geld alles kaufen konnte, sogar Freunde. Eine Ausnahme jedoch gab es: Ibarra Strund. Sie war die Tochter des Kapitäns der "Tüchtig", unseres Luftschiffes. Ich hatte mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Und nach langem Bemühen war es mir gelungen, auch ihr Herz zu erobern. Sie war wunderschön, sehr intelligent und ziemlich zynisch. Immer schaffte sie es, mich zu durchschauen und hinter meine Fassaden zu blicken. Sie lachte dann stets hell und fröhlich, während ich mir hilf- und schutzlos vorkam. Für mich stand fest, daß ich mit dieser Frau mein Leben verbringen wollte.
Doch bald schon zogen dunkle Wolken über meine kleine Welt: An meinem 16. Geburtstag wurde wie jedes Jahr ein Fest veranstaltet, zu dem alle Söhne und Töchter einflußreicher Travaner geladen wurden. Ich stand im Mittelpunkt und bekam tolle Geschenke, um die mich alle beneideten. Kurz: es war ein herrlicher Tag. Schließlich jedoch kam der Augenblick, als mein Vater mich zur Seite zog, ein schelmisches Lächeln im Gesicht, das ich wohl nie vergessen werde. Er verkündete mir, daß er noch ein weiteres Geschenk für mich hätte und ich mich sicher darüber freuen würde: er hatte mich verlobt. Zoliane Funderbar, die Tochter des angesehenen und - selbstverständlich - reichen Händlers Rafzahne Funderbar. Sie sei fügsam, wortkarg und fruchtbar, genau wie meine Mutter, sagte mein Vater stolz. In einem Jahr sollte die Hochzeit sein. Ich kannte Zoliane. 2 Zentner waren vermutlich untertrieben. Ich sagte ihm, daß ich längst wüßte, wer meine Frau werden sollte und daß ich nie und nimmer Zoliane heiraten würde, doch mein Vater blieb unerbittlich. Für ihn war der Handel mit Funderbar perfekt und für mich war das Fest gestorben. Von diesem Tage an lag ein tiefer Graben zwischen meinen Eltern und mir. Meine Wut wuchs von Tag zu Tag. Ich erzählte Ibarra von diesem Unglück und davon, daß ich fest entschlossen war, es abzuwenden. Sie war traurig und wütend zugleich. Als ich es schließlich nicht mehr zu Hause aushielt, stand mein Entschluß fest: Ich mußte fliehen, und zwar mit ihr.

Als die "Goldesel" zur nächsten Handelsfahrt nach Märkteburg aufbrach, hatte sie zwei blinde Passagiere an Bord. Wir hatten alles geplant, so dachten wir jedenfalls. 200 Goldstücke hatte ich noch auf meinem Kontor in Travar gehabt. Diese sollten uns den Start erleichtern. Von Throal hatte ich so einiges gehört. Das Volk der Zwerge brachte tüchtige Händler hervor, die auch mit meinem Vater des öfteren Geschäfte abwickelten. Die Throaler hatten viel dazu beigetragen, das Land nach der Plage wieder zu erschließen und Handelsstraßen einzurichten, die auch mein Vater regelmäßig genutzt hatte. Außerdem waren sie diejenigen, welche den Aufstand gegen die Theraner in die Wege geleitet hatten. Dies in etwa waren die Gründe, weshalb wir uns entschieden hatten, in Throal ein neues Leben anzufangen. Ich träumte damals davon, mit Ibarra eine große Handelsgesellschaft aufzubauen, welche eines Tages meinem Vater Konkurrenz machen und ihn schließlich in den Ruin treiben könnte... Träume. Jugend. Zu wenig Erfahrung in allem. Wenn ich an diesen romantischen und vollkommen überstürzten Aufbruch zurückdenke, lodert in mir noch heute die alte Abenteuerlust von neuem auf. Hoffnung. Liebe. Angst und Kühnheit. Diese unbeschreibliche Mischung gegensätzlicher Gefühle und Emotionen kennt jeder, der sich sehnsüchtig an das erste Abenteuer erinnert. Tausend mögliche Wege lagen vor mir und niemand konnte mir sagen, wie mein Abenteuer enden würde.

Das Schicksal allein wußte es: Trolle! Muskelbepackte Hühnen mit dröhnenden Stimmen. Schilde und Äxte, auf deren Klingen die Zeichen des Todes mit Blut geschrieben standen. Sie überfielen die "Goldesel" auf halbem Wege nach Märkteburg. Es entbrannte ein heißer Kampf an Bord. Auf allen Decks der alten Galeone wurde gekämpft. Von überall drangen wütende und verzweifelte Schreie an unser Ohr. Wir hatten uns im Lagerraum versteckt und wollten dort still ausharren. Doch einer der Piraten kam auch dorthin, auf der Suche nach wertvoller Beute. Zur Sicherheit hatte meine Freundin einen Dolch mitgenommen. Angesichts der drohenden Gefahr verlor sie die Nerven, sprang aus unserem Versteck hervor und griff den verblüfften Troll an. Mit einem Schrei der Wut stürmte sie auf ihn los. Vielleicht hätte uns der tumbe Kämpfer niemals entdeckt, doch für derlei Überlegungen war es nun zu spät. So war sie eben. Als ich aus meinem Versteck hervorkam, um ihr zu helfen, sah ich, wie die Axt des Riesen den Schädel meiner Geliebten spaltete und den Inhalt auf dem Boden verteilte. Diesen Anblick, diesen Moment, diese Abwesenheit aller Gefühle werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen.

Vielleicht weil ich unbewaffnet war, vielleicht, weil ich - mich übergebend - in der Ecke kniete, vielleicht, weil ich gleichzeitig schluchzte, ließ mich der Troll damals am Leben. Ich hatte ihn bereits vergessen, übermannt von den Gefühlen, die nun über mich hereinbrachen. Ich legte mich schließlich neben den leblosen Körper meiner Geliebten und wollte sterben.

Die Mannschaft hatte den Überfall der Trolle abgewehrt. Man entdeckte uns bei den anschließenden Aufräumarbeiten. Ibarra tot, für immer tot, und mich schlafend. Als blinder Passagier hätte ich mich unter normalen Umständen auf einen kurzen und rasanten Flug gefaßt machen müssen, doch in Anbetracht der großen Verluste auf dem Schiff und der allgemeinen Trauer kam niemand auf die grausame Idee, einem weiteren Namensgeber das Leben zu nehmen. Ich sollte in der Kombüse helfen und mir so die Fahrt erarbeiten. Mir war alles gleich. Ich hätte mich mit dem üblichen rasanten Flug durchaus zufrieden gegeben.

In Märkteburg angekommen, bezahlte ich Ibarra mit der Hälfte meines Vermögens ein würdevolles Begräbnis und die Grabmiete für 70 Jahre. Es ist ein schönes Grab, das ich noch heute regelmäßig besuche. Ich hatte jedes Interesse am Leben verloren. Alle Pläne Handel zu treiben waren unwichtig geworden. Mit Alkohol betäubte ich tagsüber meine Schmerzen, abends ging ich auf den Friedhof, um bei dem Grab meiner Geliebten zu wachen. Ich hatte einmal davon gehört, daß die Geister der Toten manchmal in der Nähe ihres Grabes bleiben und hoffte, vielleicht so ihr noch einmal zu begegnen. So lauschte ich viele Nächte lang den Geräuschen der Finsternis, vergebens wartend. Wo sollte ich auch sonst hin? Mein Vermögen verbrauchte sich nur langsam, brauchte ich doch nicht mehr, als Bier und ein bißchen Brot. So vergingen Wochen. Schließlich hatte ich damit begonnen, meine aktive Phase immer weiter in die Nacht zu verschieben, um dem Trubel des Tages auszuweichen. Ich pflegte in stiller Trauer Nacht für Nacht sämtliche Gräber und fand einzig Frieden in der Stille des Todes um mich herum. Da ich mehrmals nachts am Grab eingeschlafen und am darauffolgenden Tag unsanft von dort verscheucht worden war, verlegte ich meine Schlafstätte in eine nahe Gruft.

Einige Male wurde ich Zeuge davon, daß Tote bisweilen aus ihren Gräbern steigen. Diese Untoten, welche mir immer als gefährliche Monster geschildert worden waren ("Iß Deine Suppe auf, sonst kommt der Ghul und holt Dich!"), beunruhigten mich jedoch nicht weiter, schließlich war der Tod für mich eine attraktive Alternative. Aus welchem Grund auch immer, sie machten schon damals einen großen Bogen um mich.

Doch dafür erregte ich die Aufmerksamkeit einer älteren Zwergin, die mich häufig beobachtete. Ich hatte sie nie bemerkt. Eines Abends allerdings, als ich am Grabe meiner Geliebten kniete, trat sie ins Mondlicht und sprach mich an.

Ein neuer Anfang

Annabella Crysanthima Sennea nahm mich auf wie einen Sohn. Sie überzeugte mich davon, daß sowohl Leben als auch Tod Zustände waren und ihren festen Platz im Gefüge hatten. Das eine war in keiner Weise erstrebenswerter als das andere. Ein Narr war, wer die Grenze zwischen beiden leichtfertig überschritt. Sowohl Tod als auch Leben mußte man akzeptieren und respektieren. Nachts, wenn wir in ihrer bescheidenen Hütte am Rande des Märkteburger Friedhofs vor ihrem Hozfeuer saßen, lauschte ich ihren Worten stets aufmerksam. Sie war eine gute Erzählerin. Doch mein Wissensdurst stellte immer neue Fragen über das Leben nach dem Tod und solchen Dingen. So erzählte sie mir von Geistern und von Wesen aus anderen Welten. Sie sagte mir, daß sie in der Lage wäre mit Magie Kontakt zu ihnen herzustellen. Denn Geister waren immer um uns, die meisten Namensgeber waren nur blind gegenüber allem Transzendenten und nahmen sie nicht war. Aber sie. Und ich sollte auch noch lernen zu sehen. Sie erzählte mir vom Astralen Raum, der alles umspannte und in dem sich Geister aufhielten. Mit Hilfe von Magie konnte sie hineinblicken und so Dinge erfassen, die allen anderen für immer verschlossen blieben. Die Magie, so sagte sie, sei die zentrale Energie im Universum. Ohne sie gebe es kein Leben, ohne sie funktioniere nichts. Es sei also nur natürlich, daß man den Umgang mit Magie lernen müsse.
Schließlich begann sie damit, mich mit Hilfe von einfachen Meditationen Magie fühlen zu lassen. Magie strömte durch meinen Körper, pulste durch meine Adern, ich konnte sie fühlen. In langen und harten Lektionen lehrte sie mich, diese Magie zu kontrollieren. Dazu war es wichtig, alle Gefühle im Gleichgewicht zu halten, Angst war der größte Feind. Ich spürte die Geister, die um uns waren und je mehr ich die Angst vor einem neuen Leben verlor, desto mehr begriff ich die Lehre meiner neuen Disziplin. Ich war ein NETHERMANCER geworden.

In der langen Zeit, in der ich bei ihr wohnte rief Anna viele Geister, um mit ihnen zu sprechen und von ihnen zu lernen. Doch Kontakt mit Ibarra aufzunehmen, gelang ihr nie. So war die Zeit meiner Liebe vergangen und mein Herz blieb kalt und leer.

Kaum war ich initiiert worden, begann für uns beide eine Zeit der Abenteuer und Reisen. Die alte Zwergin hatte eine Lebensenergie in sich, von der sich so manch einer noch eine Scheibe abschneiden konnte. Ich bewunderte die alte Dame. Wenn ich von Reisen spreche, dann jedoch nicht im herkömmlichen Sinn, denn Anna zeigte mir den astralen Raum und die Welt der Geister. Es mag ungewöhnlich sein für einen Anfänger, wie ich es damals gewesen bin, sich in solche Gefahren zu begeben. aber Anna hatte meist alles im Griff und ich lernte schnell, in den extremen Situationen, in die wir dort gelangten, einen kühlen Kopf zu bewahren und stets aufmerksam zu sein. So sammelte ich die Erfahrung, die ich brauchte, um in meiner Lehre voranzuschreiten.

Nach über drei Jahren schließlich neigte sich meine Lehrzeit dem Ende zu und die Gesellenkreise rückten in greifbare Nähe. Zum Abschluß meiner Lehre wollte Anna mit mir meine erste Reise nach Sylvar unternehmen. Von dieser Unterwelt existieren Karten in der großen Bibliothek von Throal - in einem Bereich, zu dem mir der Zutritt stets verwehrt wurde. Die Zugänge zu Sylvar jedoch sind nur den wenigsten bekannt, darunter Anna und von diesem Tage an auch mir. Verständlich, daß ich aufgeregt war und es nicht erwarten konnte, zum ersten mal Reise die Unterwelten zu betreten.

Sylvar: man stelle sich die Brachen vor. Man stelle sich ein Land von der Größe Theras vor und verleihe ihm die Gestalt der Brachen. Ein rostbrauner Himmel spannt sich über das aschegraue Land. Risse der Trockenheit ziehen sich durch den Boden, der schon seit langem kein Leben mehr gespendet hatte. Die Fratze des Todes hatte sich in das Land graviert und starrte einem auf den Grund der Seele. Kein Anblick konnte schrecklicher sein. Ein blutroter Fluß hatte sich unweit von uns in den unfruchtbaren Boden gefressen und der Gestank von Fäulnis breitete sich von ihm aus. Kein Busch säumte sein Ufer und kein Fisch konnte darin leben. Der grausame Anblick solcher Verwüstung verschlug mir die Sprache. Meine eigene Geschichte kam mir plötzlich wie eine Gnade des Schicksals vor und sämtliche bitteren Erlebnisse der Vergangenheit wurden bedeutungslos in Gegenwart dieser allgegenwärtigen Zerstörung. Zorn über die Wesen, die zu so etwas imstande waren, Trauer um den Tod einer ganzen Welt, Wut über die eigene Ohnmächtigkeit gegenüber den Mächten der Dunkelheit, die hier ihr Werk vollendet hatten und, nachdem nichts mehr zu holen war, nichts als den faulenden Kadaver zurückgelassen hatten. Die Gefühle wurden in mir so stark, daß ich die Kontrolle über sie verlor. Ich schrie. Tränen stiegen mir in die Augen und ich hatte das Gefühl, mein Blut kochen zu spüren. Zum ersten mal seit jenem tragischen Ereignis auf der "Goldesel" fühlte ich nun wieder Leben in mir. Unterdrückte Gefühle von über drei Jahren brachen sich nun ihren Weg durch die Kruste der Betäubung und überwältigten mich. Mir wurde schwarz vor den Augen.

Ich weiß nicht vieviel Zeit vergangen war, als mich Anna weckte. Doch ich sah Angst in ihren Augen. Wer einmal mit Geisterbeschwörern zu tun hatte, weiß was ich meine, wenn ich sage "ich sah Angst in ihren Augen". Keine Angst zu haben ist eine der wichtigsten Eigenschaften eines Nethermancers und jahrelanges Training bewirkt, daß selbst größte Gefahren es nicht vermögen, Angst zu erwecken. Ich wußte gar nicht, daß sie zu solchen Gefühlen in der Lage war. "Wir müssen verschwinden, wir sind hier nicht allein." Ich war schon aufgesprungen, wollte mit ihr zurück zum Portal. Beunruhigt und verwirrt rannte ich über das tote Land. Als ich endlich das Portal erreicht hatte, schaute ich mich um. Ich konnte nichts ungewöhnliches entdecken. Anna hatte mich bereits fast erreicht. Gerade, als ich sie fragen wollte, was zum Teufel denn los sei, fing das Schauspiel an: der Himmel selbst schien in zwei Hälften zu reißen und mit ohrenbetäubendem Kreischen ergoß sich eine Flut von unbeschreiblichen Kreaturen über das Land. Als hätten sie seit Jahrhunderten auf Beute gewartet, stürzten sie sich nun auf uns zu. Vor Schreck wie gelämt stand ich und starrte dem Tod ins Gesicht. Ich wäre wohl genauso stehen geblieben, hätte nicht Anna mich aus meiner Trance gerissen: "Spring, Allanon! Spring durch das Portal! Rette Du Dich, meine Aufgabe ist hier." Noch immer benommen sah ich nun, wie die Flutwelle der Kreaturen zum Stillstand kam und einen nur wenige Meter durchmessenden Kreis um uns bildete. Der Riß im Himmel verdunkelte sich abermals und eine riesige Entität schwang sich auf breiten Flügeln herab. "SPRING ENDLICH!!!" Ich sprang. Während sich das Tor hinter mir schloß und meine rasante Reise nach Barsaive begann, hörte ich ihre beschwörende Stimme in der Ferne verklingen: "Dämoneneule der Finsternis..."

Ich landete hart in der Realität Throals und das Portal schloß sich augenblicklich. Ich war mir sofort der Tatsache bewußt, daß ich nun auf mich allein gestellt war, daß Anna mit ihrem Leben das meine gerettet hatte. Mehr noch: Sie hatte es irgendwie geschafft, das Portal zu schließen, bevor das Böse in die friedliche Welt Barsaives dringen konnte.

Wieder lebendig

Obwohl ihr Verlust mich schmerzte, fühlte ich mich so gut wie schon lange nicht mehr. Sie hatte einen würdigen Tod doch ich war lebendig. Ich wußte, daß ich sie wiedersehen würde - wozu sonst war ich Nethermancer! Durch Throals Gänge schlendernd nahm ich plötzlich Gerüche und Anblicke war, die mir bislang nie aufgefallen wären: dieses Land LEBTE. Es war, als hätte ich immer schwarzweiß gesehen und sah nun zum ersten Mal Farben... Als Geselle spürte ich die Magie stärker denn je in mir und ich genoß das Gefühl von Macht und Überlegenheit. Mein Interesse für meine Umwelt war wieder erwacht und ich beschloß, eine Weile durch Barsaive oder noch weiter zu reisen, um dieses schöne Land besser kennenzulernen. Denn was wäre ich für ein Nethermancer gewesen, wenn ich zwar alle möglichen Netherworlds kenne, nicht jedoch meine eigene? Als Adept hatte ich kein Problem, an Geld zu kommen. Karawanen bewachen, Begräbnisse reicher Bürger begleiten, junge Adepten ausbilden oder mit Zaubersprüchen handeln... das übliche eben. Das Abenteuerfieber hatte mich gepackt. Jeder Adept, den es einmal gepackt hat, weiß von was ich spreche. Eine Stadt oder Zivilisation bietet zuviel Geborgenheit und Langeweile für jemanden, der es gewohnt ist, sich in ernsthafte Gefahr zu begeben, um dem Tod ins Gesicht zu lachen. Das ständige Ansteigen der eigenen Macht verleiht einem das Gefühl von Unbesiegbarkeit. Das Ziel, immer neue Artefakte zu entdecken und schwierigere Magie zu meistern, trieb mich auf meinen Reisen durch die Welten stets aufs Neue an. Während viele Adepten, die ich kennenlernen durfte, aufgehört hatten, zu lernen, und sich zufriedengaben mit dem, was sie bereits konnten, hatte mich eine Rastlosigkeit befallen, die mich dazu anstachelte, immer mehr und noch mehr zu lernen. Ich wollte mehr über den Tod und das Leben lernen, um sie eines Tages vielleicht einmal ganz zu verstehen. So kam ich dann eines Tages nach Travar. Über einen guten Freund - nicht von dieser Welt - hatte ich von einem Dieb gehört, der ein interessantes Artefakt aus einer gefährlichen Welt gestohlen und in seinen Besitz gebracht hatte. Ich wußte, daß er damit selbst wohl nichts anfangen könnte, also hatte ich beschlossen, es in meinen Besitz zu bringen. Andererseits war ein Dieb, der in der Lage war, fremde Welten zu besuchen, nur um dort nach Reichtum zu suchen, meiner vollen Aufmerksamkeit würdig. Abenteurer, die ihr Glück in anderen Welten versuchten, gehörten gewöhnlich meiner Disziplin an. Meine Neugier war verständlich. Ihn zu finden, stellte sich allerdings als ein schwierigeres Unterfangen dar, als ich erwartet hatte. Zu den Problemen, einen Dieb zu finden kam bei ihm sein außergewöhnliches Talent hinzu. Er hieß Galen und war ein Elf. Für Heimlichkeit und List schien er wie geschaffen zu sein.


to be continued

by Michael "Myan" Berger

Galen

Die Kindheit

Wenn ich so auf die Jahre zurückblicke, dann gibt es doch einiges, was sich zu berichten lohnt. Ich weiß zwar, daß niemand außer mir diese Worte jemals zu Gesicht bekommen wird, finde es aber dennoch wichtig, ein paar der wichtigsten Stationen aus meinem bisherigen Leben aufzuschreiben.
Alles begann wie so oft im Leben eines Namensgebers mit einer Geburt. Ellioen Kalistra, genannt die Krähe wegen ihrer schwarzen Haare und ihres finsteren Gemüts, gebar ihrem Ehemann Keldar Klarauge einen Sohn. Das schreiende Bündel hatte wohl nicht den gewünschten Effekt auf die Ehe der beiden, denn kurz darauf verließ Keldar seine Vermählte und ging für immer auf Wanderschaft. Im nachhinein kann ich es ihm nicht verübeln, denn meine Mutter war alles andere als eine sanfte und anschmiegsame Frau, von denen besonders die Elfen laut Legende eine schier unerschöpfliche Zahl hervorzubringen imstande sind. Obwohl sie sich immer einer Anzahl Verehrer sicher sein konnte, denn manche Männer bevorzugen temperamentvolle Frauen, fand sie doch nie mehr einen Liebhaber, dem sie ein Kind schenken wollte. So wuchs ich unter lauter fremden Männern auf, die kamen und gingen wie die Jahreszeiten. In anderen Städten hätte so etwas vielleicht zu Getuschel und Neid geführt, hier in Kratas jedoch, im Jahr 1488 TH nahm niemand Anstoß daran. Kratas wird oft die Stadt der Diebe genannt und mit Furcht betrachtet. Zu Recht, wie ich meine, denn diese Stadt war weder damals noch heute etwas für Leute, die ihr Hab und Gut sowie ihr Leben allzu sehr liebten und nicht fähig oder willens waren, es mit Klauen und Zähnen zu verteidigen. Ich jedoch sehe die Stadt als einen Ort der Möglichkeiten. In Throal als Zwerg geboren zu sein in einem Händlerhaus bedeutet, sein Leben schon im voraus gelebt zu haben. Elfen in Travar leben und sterben gemäß ihrer Geburt und Hochlandtrolle verbringen ihre geringe Zeitspanne meistens als furchtbare Krieger der Lüfte. Kratas jedoch erlegt jedem Namensgeber innerhalb seiner Grenzen den Segen (oder Fluch, der Unterschied ist gering) der Möglichkeiten auf. Meine ersten paar Jahre, es mögen wohl an die 15 gewesen sein, verbrachte ich mehr oder weniger beschützt im Elfenviertel der Stadt, weit weg von dem "stinkenden Orkgesindel, daß die Stadt verseucht", wie es meine Mutter auszudrücken pflegte.

Ellioen ließ sich überhaupt gerne über die Sauberkeit diverser Zeitgenossen aus und wenn sie einen Kunden übel beschimpfen wollte, nannte sie ihn immer einen "Orkbock" oder schlimmeres. Ach ja, ich vergaß, mit den Jahren verlor ich meine Unschuld hinsichtlich meiner Mutter und empfand zuerst verblüfftes Erstaunen, später Ekel und Verachtung und viel später Gleichgültigkeit hinsichtlich ihres Berufs. Wir lebten nicht schlecht davon, also muß sie wohl ein gewisses Talent besessen haben. Allerdings schien sie recht wenig Ahnung vom Kämpfen zu haben, denn eines Tages richtete sie ein Kunde so übel zu, daß selbst die Kunst der Garlen-Questoren nicht ausreichte, um ihr die Narben zu nehmen und ihr die Schönheit wiederzugeben. Die reichen Kunden blieben aus und bald mußten wir in ein ärmeres Viertel ziehen. Hier lebten Menschen, eine alles in allem recht angenehme Gesellschaft für einen Streuner wie mich. Das Glück allerdings war uns nicht sehr hold, denn auch hier nahmen die Freier Anstoß an Ellioen´s Äußerem und bezahlten oft weniger oder gar nicht. Außerdem schien sie nun die dunkelsten Triebe in der Seele der Männer zu wecken, denn mehr als einmal fand ich sie am morgen bis zur Bewußtlosigkeit geprügelt in ihrem Arbeitszimmer.
Eines Nachts, als wieder einmal ihr Stöhnen und kurz darauf Schreie und Schluchzen im Haus erklangen, hielt ich es nicht länger aus. Ich schlich mich in´s Wohnzimmer und nahm den Dolch meines Vaters an mich. Ellioen hatte mir immer bei Strafe verboten, diese Waffe anzurühren, denn es war das letzte, daß ihr noch von ihm geblieben war. Die Klinge war lang und silbern, glänzend im Mondlicht und leicht gewellt, der Griff aus zwei Schlangen, die sich in wilder Umarmung umtanzten. Einen Augenblick war ich fasziniert von der Waffe, dann erinnerte ich mich an meine Absicht. Der Kerl war ein grobschlächtiger Mann, etwa 1,75 groß, muskulös und gutaussehend, trotz des etwas einfältigen Schnitts seines Gesichts. Als er mit meiner Mutter fertig war, stieß er sie von sich, schmiß ihr achtlos ein paar Silberstücke hin und ließ sie blutend und schluchzend auf dem Fußboden zurück. Ich versteckte mich in einer dunklen Ecke und folgte ihm auf seinem Nachhauseweg. Ich schlich ihm, so gut ich es vermochte hinterher, ein paar mal dachte ich, er hätte mich entdeckt und drückte mich, einer Panik nahe, an ein nahes Gemäuer, aber immer wieder ging er nach einer kurzen Pause weiter. Trotz meiner Angst mischte sich bald etwas anderes hinzu, eine seltene Art der Ekstase, die ich bis dahin nicht gekannt hatte, ein Gefühl der Lebendigkeit, wie ich es vorher noch nicht gefühlt hatte. Die Straße lag ganz klar vor mir, die Dunkelheit umhüllte mich wie ein Mantel und schien meine Tritte zu dämpfen, die Beute ging vor mir und konnte mich nicht entdecken. All das schien meine Sinne zu beflügeln. Ich umschloß den Dolch fester. Bald kamen wir an ein Haus. Der Mann öffnete die Tür und trat ein. Er muß wohl sehr betrunken gewesen sein, denn er schloß die Tür nicht hinter sich ab.
So gelangte ich ohne Schwierigkeiten in sein Zimmer. Er war schon eingeschlafen, deshalb macht es mir keine große Mühe, ihm seine Kehle aufzuschlitzen. Er bäumte sich noch einmal kurz auf und ließ ein verzweifeltes Stöhnen hören, dann ließ er zischend die Luft aus seinen Lungen entweichen und legte sich für immer hin. Bis dahin hatte ich keine Geräusche wahrgenommen, war in eine Art Kokon gehüllt gewesen, doch dieser Zustand verließ mich nun. Ich konnte plötzlich das heftige Klopfen meines Herzens spüren, meinen jagenden Puls und dröhnenden Kopf, Ich fühlte mich, als wäre ich den ganzen Tag gerannt und das Blut des Mannes klebte an mir. Ich sah mich noch einmal kurz um, mein Blick fiel auf seine Börse und da ich annahm, er hätte meine Mutter sowieso betrogen, schnitt ich ihm kurzerhand noch den Geldbeutel vom Gürtel und floh in die Nacht hinaus.

Der Ruf der Magie

Nach dieser Nacht war alles anders. Zuerst hatte ich noch Alpträume, in denen der Mann weiterlebte, nachdem ich ihn getötet hatte und mit toten Augen und Leichenfingern meine Kehle umschloß, um mich mit in den Tod zu nehmen. Ich wachte dann schreiend auf und wischte mir den Schweiß von der Stirn, konzentrierte mich darauf, daß es richtig gewesen war, den Bastard zu töten und schlief weiter. Diese Phase ging bald vorbei. Nach etwa zwei Wochen fand ich mich eines Nachts wieder vor seinem Haus, die Tür war mit Brettern vernagelt und die Fenster kalt und dunkel. Ich wußte nicht warum, aber ich mußte noch einmal hinein. Also bog ich, so leise ich konnte ein Brett zur Seite und schlich hinein. Alles war dunkel und staubig, das Zimmer leer und einsam. Das Bett hatte man weggeschafft und das Blut war zu wenigen Flecken geronnen, die nur ein wenig dunkler schienen als das Holz.
Eine Bewegung aus den Augenwinkeln ließ mich auffahren, doch ich war zu langsam. Schon hatte ich ein Messer an der Kehle und plötzlich waren die Alpträume real. Es konnte nur der Mann sein, der zurückgekommen war, um die Bluttat zu rächen. Mein Herz blieb stehen und ich hörte auf zu atmen. Sekunden schienen wie Stunden, während ich völlig unfähig war, einen klaren Gedanken zu fassen oder mein Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Dann begann eine Stimme zu zischen: "Hey, Elfenbalg, was zur Hölle suchst du dreckiger kleiner Stinker in meiner Bude? Bist wohl gekommen, um mich auszurauben, was, du kleiner Drecksack. Na warte, ich schneid´ dir zuerst deine Ohren ab, dann deine Augen und wenn du dann schreiend nach Hause gelaufen bist komm´ ich zwei Tage später noch mal vorbei und schlitz´ den Rest von dir auf, vielleicht hab ich auch noch ´n bißchen mit deiner Mutter, bevor ich sie kaltmache, was hältst du davon, du häßlicher, kleiner Pisser?"

Während dieses ganzen Schwalls von Obszönitäten blieb das Messer ganz ruhig an meinem Hals. Das war ganz offensichtlich nicht der Tote. Einen Ork riecht man einfach und dieser hatte besonders schlechten Atem. Ich hatte nur Geschichten über Orks gehört, aber noch keinen getroffen und wußte deshalb nicht wirklich, was ich tun sollte. Wie von Ferne hörte ich mich sagen: "Meine Mutter ist zwar ´ne Hure, aber ich denke nicht, daß sie einen so häßlichen, stinkenden Bastard wie dich auch nur für ´ne Sekunde ranlassen würde, selbst wenn er der König der Orks wäre." Ich nannte mich selbst einen Idioten und machte mich bereit zu sterben. Irgendwie schien es gerecht zu sein, daß ich hier und auf diese Art sterben sollte, wenigstens wußte ich, was mich traf.

Der Ork schnaubte vor Wut, dann stieß er mich nach vorn, gab mir einen kräftigen Tritt in den Hintern, hielt dann einen Augenblick inne um mich zu betrachten und brüllte plötzlich vor Lachen. Er hielt sich die Seite und prustete und schrie wohl eine ganze Weile, während ich nur verdattert dasaß und dachte, er hätte den Verstand verloren. Dann sagte er, sichtlich nach Atem ringend: "ich mag vielleicht nicht der König der Orks sein, aber ich bin der König der Diebe und mein Name ist Garlthik."

So lernte ich Garlthik Einauge kennen, der mir half, mein Talent zu entdecken. Wir unterhielten uns noch lange in dieser Nacht und er sagte mir, er hätte gleich eine Art Verwandtschaft zwischen uns gespürt, ein Band, daß uns verbinden würde. Natürlich drückte er es nicht so aus, mehr so in der Art, ich sei "der gleiche diebische Bastard" wie er. Als der morgen graute, fragte ich ihn, wo ich ihn wiederfinden könnte, doch er sah mich nur grinsend an und meinte, ihn zu finden sei meine erste Aufgabe als Diebesadept. Dann verschwand er einfach.

Ich fand ihn. Er lehrte mich die Grunddisziplinen meiner Kunst, zeigte mir mein Karmaritual, lehrte mich, Taschen zu leeren und mich leiser als eine Katze anzuschleichen, die Kunst, mit einem Schwert zu kämpfen, obwohl ich später Flugdolche vorzog und zu meiner Hauptwaffe erkor. Schlösser aufzubrechen gelang mir bald und auch im klettern zeigte ich einiges Talent, wobei mir meine natürliche Geschicklichkeit zugute kam. Am allermeisten aber genoß ich es, andere zu überraschen und dann ihre erstaunten Gesichter zu sehen. Ich erreichte den ersten Kreis nach sechs Wochen und wie soll ich meine Freude zum Ausdruck bringen, als zum ersten Mal die volle Magie des Diebes durch meine Adern pulste und mich leiser und flinker machte, als jemals zuvor. Niemand, der nicht auch ein Adept ist wird das jemals verstehen und diesen brauche ich es nicht zu beschreiben.

Danach veränderte sich meine Leben fast vollständig. Ich lebte fast nur noch Nachts und streifte allein oder mit Garlthik durch Kratas, er führte mich in die Diebesgilde ein, obwohl wir Diebe es vorziehen, allein und unerkannt zu arbeiten. Doch manchmal sahen wir auch die Notwendigkeit der Gemeinschaftsarbeit ein. Ich erledigte zuerst kleinere Aufgaben, wie reiche Händler auszuspionieren und den besten Weg für einen Einbruch zu planen, den dann andere Adepten ausführten. So stieg ich langsam auf und lernte bei anderen Adepten weitere Kunstfertigkeiten. Garlthik hatte zu dieser Zeit andere Sorgen, er plante die vollständige Übernahme der Stadt, denn seine Konkurrent Vistrosh war sehr stark geworden und bereitet ihm zunehmend Probleme. Ich überlegte mir mehr als einmal, ob ich nicht sehen sollte, wie es bei Vistrosh um lukrative Aufträge stünde, doch irgend etwas hielt mich von diesem Blutelfen fern, vielleicht die Dankbarkeit Garlthik gegenüber. Meine Diebereien brachte uns wenigstens den Vorteil, daß meine Mutter nicht mehr anschaffen mußte und wir bald in ein besseres Viertel ziehen konnten. Ich erzählte ihr natürlich nicht, was ich tat, sagte nur, ich hätte eine gute Stelle gefunden und nachdem sie die Goldstücke gesehen hatte, fragte sie auch nicht weiter nach. Überhaupt machte sie sich nur noch Sorgen, wenn ihr der Schnaps ausgegangen war und sie zu schwach oder betrunken war, um sich selbst neuen zu besorgen. Ich sah sie jeden Tag mehr verfallen, ihr einst volles schwarzes Haar wurde grau und stumpf und wo früher zynische Herausforderung in ihren Augen geglänzt hatte, saß jetzt die Stumpfheit und verheulte Weichheit des Suffs. Ich konnte nichts für sie tun und schließlich, 1510 TH. starb sie dann und mir blieb nichts mehr von meiner Familie außer dem Schlangendolch meines Vaters. Ich hatte grade den fünften Kreis erreicht und sollte mein Gesellenstück abliefern. Ihr Tod traf mich härter, als ich gedacht hatte und ein paar Tage lang verspürte ich nicht die geringste Lust, meine Talente zu benutzen, denn nichts konnte mir Trost spenden in meiner Einsamkeit. In dieser Zeit der schwarzen Verzweiflung kam eines Nachts Garlthik zu mir. Er sah mich eine Weile schweigend an, dann sagte er: "Jetzt bist du bereit für die höheren Aufgaben, die vor dir liegen. Sieh ihren Tod als Geschenk für dich an, denn jetzt gibt es nur noch dich, um den du dich sorgen mußt." Ich schwöre, in diesem Moment wollte ich ihn töten, mich auf ich stürzen und ihm mit bloßen Händen sein schwarzes Herz herausreißen. Doch ich tat es nicht, sah ihn nur an und nickte. Danach gab es für lange Zeit niemanden mehr in meinem Leben.

Abschied von Kratas

Das Haus liegt direkt vor mir. Der Haupteingang ist bestimmt mit magische Fallen gesichert, denn Händler Tivoliio war nicht gerade für seine Dummheit bekannt. Doch ich habe gar nicht vor, durch den Haupteingang zu marschieren. Welcher Dieb mit Verstand würde das tun? Nein, mein Ziel ist ein kleiner Nebeneingang, der für die Waren gebraucht wurde. Ich schleiche mich über die Straße, nachdem ich sicher bin, daß niemand mich sieht und nähere mich vorsichtig dem Haus. Mehr breit als hoch bietet es einen vertrauten Anblick in der Kulisse Kratas´. Der Händler ist sehr bekannt und viele Diebe sind schon an ihm gescheitert. Eine würdige Aufgabe für einen angehenden Gesellen. Juggler hatte mir vorher noch in ´s Ohr geflüstert, daß ich wohl besser durch ein Fenster einsteigen solle, das sei einfacher. Also folge ich seinem Rat, denn der Nebeneingang ist bestimmt genauso gut gesichert wie der Vordereingang. Das Haus wächst vor mir aus dem Boden und ich schleiche unhörbar auf seine Schatten zu. Vorbei am Seiteneingang und ein rascher Blick an die Hauswand. Ein Fenster, etwa 6 Meter über mir. Kein Problem. Ich befestige die Kralle an meinen Händen und Stiefeln und mache mich an den Aufsteig. Ganz langsam klettere ich die Wand empor, lasse meine Magie für mich arbeiten, um Fallen oder ein Schloß zu erspüren und gelange schließlich an das Fenster. Dort konzentriere ich mich auf das Schloß, meine Magie ertastet für mich das Innere des Schlosses, spürt nach Fallen und erschafft schließlich einen blau schimmernden Dietrich, der sich glatt und fehlerlos in das Schloß senkt und es ohne Geräusch öffnet. Geschafft. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und gleite wie ein Schatten in das Zimmer. Weiter. Ich sehe ein paar Kisten, Ballen mit Tüchern und Säcke mit Gewürzen. Ein Vorratsraum. Nichts wirklich wertvolles. Mein Ziel ist Tivoliio´s geheimer Tresor. In seinem Zimmer. Aus diesem Raum heraus, zwei Türen nach rechts, eine kurze Treppe hinauf in den dritten Stock, dann die zweite Tür auf der rechten Seite. Es hat mich eine Stange Geld gekostet, den Architekten davon zu überzeugen, daß die Pläne dieses Hauses bei mir besser aufgehoben wären.
Vor der Tür angekommen lasse ich wieder meine Magie aus mir herausströmen, ein vorsichtiges Zupfen und Zerren an der Struktur des Schlosses, ein magisches erspüren möglicher Fallen. Keine da. Sehr gut. Dann der Dietrich. Diesmal klappt es nicht ganz so fehlerlos, der blaue Schlüssel reibt sich an der feinen Struktur des Schlosses, paßt nicht vollkommen hinein. Ich löse ihn auf, konzentriere mich stärker, erschaffe einen zweiten Schlüssel, der besser paßt und das Schloß öffnet. Jetzt ganz leise hinein. Ein rascher Blick in den dunklen Raum überzeugt mich davon, daß niemand darin ist und ich schleiche auf das Gemälde an der Wand zu. Jetzt heißt es höchste Vorsicht, denn hinter diesem Gemälde befindet sich der Tresor. Ein so ausgesprochen schlechtes Versteck hätte ich niemandem zugetraut, aber meine Informanten waren sich ganz sicher. Vielleicht ist Tivoliio doch nicht so clever, wie ich gedacht hatte, oder einfach als Zwerg an gewisse Traditionen gebunden. Meine Sinne warnen mich. Ein Falle. Ich gleite näher heran, lasse Diebesmagie arbeiten und erspüre Ort und Art der Falle. Dornen, wahrscheinlich vergiftet, die aus der Wand schießen, sollte man dumm genug sein, den dünne Draht zu durchtrennen, der sich hinter dem Gemälde befindet. Ich entschärfe die Falle, was mich einiges an Anstrengung kostet. Weg mit dem Bild und schnell in den Tresor geschaut. Ich kann es nicht ganz glauben, denn vor mir liegt ein einzelnes Goldstück und ein kleiner Zettel auf dem „Herzlichen Glückwunsch, Gesellenprüfung geschafft“ steht. Plötzlich geht das Licht an, zerreißt die schützenden Schatten und läßt mich im hellen Schein eines Leuchtkristalls erstarren. Das war’s. Aus und vorbei, eine Falle, vorbereitet von irgendeinem anderen Dieb, dem ich zuviel Einfluß gewonnen habe. Ein paar Fluchtmöglichkeiten schießen mir durch den Kopf, aber es gibt nur die Tür als Ausgang, keine Fenster, also bleibt nur der Weg hindurch. Ich drehe mich langsam um, ziehe den Dolch aus meinem Gürtel und versuche möglichst tödlich auszusehen. In der Tür steht ein grinsender Zwerg mit einer Schlafmütze auf dem Kopf und einem Leuchtkristall in der Hand. Tivoliio. Er sieht mich und seine Augen weiten sich in erschrecken. Dann sagt er hastig: „Was soll das, ganz ruhig, kein Grund zur Besorgnis, ich werde dir nichts tun. Diese Prüfung machen alle Diebe bei mir, und da du jetzt Geselle bist wird es Zeit, dich in ein paar Geheimnisse einzuweihen. Zum ersten wäre da, daß ich, wie du jetzt sicher weißt, ein sehr gutes Verhältnis zu eurer Gilde habe und dann wären da noch ein paar Kleinigkeiten“.

Ich antworte nicht. In mir kocht es. Diese ganze Anstrengung, all diese Mühen, die Tage der Vorbereitungen, die Unsummen Bestechungsgelder und nicht unerheblichen physischen Maßnahmen bei denen, die kein Geld (oder zuviel) annehmen wollten und dann besteht die ganze Beute aus einem lausigen Goldstück und einem grinsenden Zwerg mit einer albernen Mütze. Mir wird rot vor Augen und ich nehme alles nur noch wie durch einen Schleier war. Ich erhebe mich aus der Hocke, gehe wortlos an dem verdutzten Zwerg vorbei und zurück in den Korridor. Dort sehe ich mich um. Niemand zu sehen, sehr gut. Der Zwerg sieht mich verständnislos an. Ich steche so schnell zu, daß er es gar nicht mitbekommt, drehe den Dolch in seinem Herz zweimal kräftig hin und her und er fällt wie ein Stein zu Boden, allerdings nur eine Strecke, denn er ist ja ein Zwerg. Dann sehe ich mich noch einmal kurz in dem Raum um, finde nach einigem Suchen den richtigen Tresor, entschärfe die drei ziemlich tödlichen Fall und, endlich, nehme die richtige und rechtmäßige Beute an mich. 600 Goldstücke und ein paar ziemlich wertvoll aussehende Klunker. Das ist doch mal eine Beute, die sich lohnt. Danach schnell raus aus dem Haus und raus aus Kratas, denn hier ist meine Karriere erstmal vorbei. Hinein in ein neues Leben, vielleicht Urupa, mal sehen, wohin der Wind mich treibt...

by Daniel Umber

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