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Subharmonische Revolution

Freitag, 13. Februar 2009 18:14

Ein bemerkenswertes Gespräch warf die Frage auf, ob eine harmonische Revolution ein Paradox sei. Eine friedliche Revolution ist ja möglich, wenigstens scheinbar—während die Frage bleibt ob im nachhinein als friedlich abgelaufene Revolutionen u.A. nur dann welche sein können, wenn ein Gewaltpotential (welcher Art auch immer) wenigstens vorhanden war—wenigstens bei einer der Parteien, oder wenigstens die Bereitschaft: Denn was machen nun zwei Gandhis, wenn sie komplett entgegengesetzter Meinung sind und auch noch etwas davon abhängt? Wie lange werden sie sich gegenübersitzen? Ich denke, friedliche Revolution in Kontrast zu einem real existierenden Aggressor ist da noch verhältnismäßig einfach.

Das Dilemma des unaufgelösten Konflikts:
“Kennste den schon: Zwei auf Kohlberg-Stufe 6 haben existentielle Meinungsverschiedenheit!”

Wenn der Aggressor fehlt, d.h. die Unterdrückung in geregelter Ordnung funktioniert (hat hier jemand Phantasien?!), was dann? Mal ehrlich, es ist nicht mehr reaktionär, eine Demonstration abzuhalten. Solche wirken in letzter Zeit auf viele berechtigterweise eher, wie Link bunte Karnevalsumzüge. Gehalt liest da keiner mehr raus. Schon gar nicht zivilen Ungehorsam und solcherlei. Ist halt lustig und so. “Hey, ich glaube, da war vorhin eine Demo gegen Menschenrechtsverletzungen oder sowas, naja, auch egal.” Das wirft natürlich (nicht zum ersten Mal) die Frage auf: Wenn alles erlaubt ist und alles Essentielle erstritten ist, dann geht das Individuum kein Risiko mehr ein. Dann verliert der Souverän noch den letzten Zahn und ihm (oder ihr) bleibt nichts anderes übrig, als die Suppe auszulöffeln, die die Staatsdiener (eigentlich als demütige Servanten geplant, sich aber zu Königen aufspielend) eingebrockt hat. Das steht einem gelegentlich der Sinn nach etwas weniger Harmonie, wenngleich auch nicht grundsätzlich.

Was wäre also eine harmonische Revolution? Eine mit durchweg positivem Ausgang? So dumm ist vermutlich kaum jemand. Aber was wäre so ein Konstrukt? Reflexion des inneren Exils (sehr zahnlos)? Als Musikverehrer fiele mir da noch, naja, die Enharmonische Subharmonische ein?! Kommt drauf an, was man als “Harmonie” versteht. Die reizvollen Verzerrungen des wohltemperierten Klaviers, die niemandem wirklich mehr auffallen? Die Konstrukte, die der Schlagerliebhaber so gerne als “atonal” verunglimpft—und deren Reize ganze Glückskaskaden auslösen können—alles etwas, das der C-Dur Dreiklang nicht kann, nie konnte?! Ich weiß es nicht, vielleicht ist die Idee grundsätzlich absurd. Anders herum: Wenn es denn dann nötig sein sollte, dann richtig?! Komplett unter Adrenalin und Testosteron? Dann hat man wenigstens was davon, bevor mal als Kind der ~ gefressen werden muss?

Thema: Politik und Gesellschaft, Staunen und Zweifeln | Kommentare (0) | Autor: