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Von Kiel nach Freiburg

Samstag, 24. April 2010 7:37

Beim Frühstück und signifikant vorhandener Sonne in der Observation Lounge in den Kieler Hafen eingefahren. Schönes Erlebnis und das Ende einer irgendwie erhabenen Reise nach Deutschland. Fazit: 8 Stunden Hinweg. 4 Tage Rückweg. 6 Tage und 45 Minuten Verspätung. Viele neue Eindrücke, Bilder, Möglichkeiten.

Der Rest ergibt sich dem mittelmäßig Reiseerfahrenen so direkt, dass ich nicht ausführlich werden möchte. Insbesondere weil es alle Leser/innen beimLesen und mich beim Schreiben langweilen würde. Dies in Stichworten, weil kaum ewas spannendes dabei ist. Ich war früh am Kieler Bahnhof und habe mir eine neue Verbindung geben lassen. Die ist dann schon am ersten Zug gescheitert. Nette Gespräche, nicht mehr, nicht weniger am Hamburger Bahnhof bei drei (!) gerüttelten und nicht geschüttelten Cappuccini. Koffein vortanken. Der Kaffee in der Deutschen Bahn schmeckt mir nicht, was ja schon aus einem meiner vergangenen Kommentare hervor gegangen sein dürfte. Meinen ursprünglichen Zug erwischt. Bei Uelzen haben Leute die Gleise randaliert. Umleitung über Rotenburg. 20 Minuten Verspätung. Die hat die Bahn im Laufe des Tages noch zu 45 ausgebaut. Man kennt das ja. Gerade diese letzten zehren dann am meisten. Das kann man sicher erklären. Aber ich jetzt nicht mehr. Morgen wartet gleich schon ein Haufen (also ich meine jetzt: ein wirklicher Haufen) Arbeit auf mich.

Heute muss ich fit sein. Bitte, unbedingt. Man wünsche mir zu fast gleichen Anteilen, Durchhaltevermögen, guten Kaffee, gute Laune, willige Technik, einen messerschafen Verstand, wie nie zuvor (ohje!) und ein überschaubares Debugging.

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Auf dem Weg nach Kiel, Teil 2

Donnerstag, 22. April 2010 23:30

Zum einen muss ich hier endlich noch einen sinnlosen Pseudo-Anglizismus in den Rahmen schottern. Erstens weil er passt, zweitens, weil’s scheinbar noch nie außer Mode war und drittens, damit “Prokrastination” endlich nicht mehr der Spitzenreiter  des Unsinns ist. Ist doch wahr!

Der Sonnenuntergang über dem Meer war also gorgös! Bitte, ich möchte das jetzt nicht auch noch kommentieren müssen. Weil nicht Sonntag ist, bekomme ich sowieso eine dafür rein. Bumms. In Ermangelung vorhandener Scharfrichter/innen, die das in meinem Interesse lieber unternommen hätten. Alle Ästhetik hat sowie die Sonne für sich beansprucht. Schluss nun. Man wies mir einen Tisch zu. Zum Gebrauch des Buffets, mehr noch: des nachgeschalteten Vorgangs halbwegs kontrollierter Nahrungsaufnahme. Direkt neben einem Klavierspierler, der zunächst scheinbar nur zu unfertig und zu leicht mit Talent ausgestattet zu sein schien. Es stellte sich jedoch heraus, dass er aus gutem Grund keine Lust hatte, die Leute mit seichtem, ungepfeffertem Brei klanglicher Natur lautlich zu bespeisen. Als er jedoch auch nur merkte, dass maximal zwei Leute sonst noch im Raum waren, die sich für etwas Musik durchaus begeistern könnten, hat er zwischendurch etwas losgelegt. Ganz offensichtlich nur im Rahmen seines Vertrages, aber dann stets mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Eigentlich wollte ich dem armen Gequälten einen ausgeben. Doch der darf das nicht. Morgens früh müssen alle immer zum Alkoholtest antreten. Sagt jedenfalls einer der Kellner. Sonst flögen sie raus. Dennoch gehört das Personal hier zum gutgelauntesten, was auf dem Schiff herumläuft.

Die nebeneinander herlaufenden Skripte, wohl weitestgehend nach Nationalität getrennt, führen beide nicht zum Erfolg. Sie nebeneinander her existieren zu sehen, bereitet eine voyeuristische Freude: Die Norweger (also die bis 45 etwa) sind ab 21 Uhr komplett besoffen. Der Alkohol ist, ach, sagen wir mal jetzt lieber nicht “billig” (denn das wäre falsch), aber deutlich günstiger als in Norwegen. Alsdann hängen sie im Ausschnitt der über diesen Tatbestand nur oberflächlich pikierten deutschen Ehefrauen. Die Männer sehen dabei gelangweilt zu. Manch ein Deutscher rümpft die Nase. Insgeheim wohl an den eigenen, gut geplanten Ausbruch erinnernd, der, auch das weiß man, niemals stattfinden wird.

Zum Erfolg führt, wie bereits erwähnt, beides nicht. Und so hören wir den Club der einsamen Herzen und den treuen alten Sergeanten, irgendwo sogar fast Orignal-Ähnlich. Aber natürlich weichgespült und verklimperchromt. Und, keinen wundert’s so richtig, der Lagerkoller, er ersäuft auf der einen Seite und verstaubt jämmerlich auf der anderen.

Das ist also das altbekannte Bild, eingängig und einschlägig bekannt von den Dorfdiskos bis hin zu den angesagten Clubs der Metropolen. Skripte, die auf frische stets jugendlich naive Art und an Orten äußerster und eleganter Berechnung der Untiefen der menschlichen Natur zum Mißerfolg führen. Offenbar mit einer Menge Hoffnung zwischendrin. Hat man doch vorher noch unter Aufwand des mühsam—nagut von Norweger Seite wohl weniger mühsam—Ersparten, alle Devotionalien aus Aphroditens (wahlweise Freyas) Garten zusammengebastelt: Wieder nichts. Einfach wärs. Ist der Mensch auch ein Rudeltier, so ist er doch im Rudel ein einsamer Wolf. Und das soll das erfolgreichste Raubtier der Welt sein? Da lachen ja, naja wohl eher nicht, die Hühner drüber. Nach dem guten Buffet wahlweise, Verzeihung, wahlfrei auch drunter… also, sie lachen drunter, weil sie ja und… ach, man darf sowas nicht erklären, sonst gibt’s nur wieder noch mehr verdiente Haue!

Da bleibt mir nur ein arrogantes Zurücklehnen, über das ich bevor’s richtig vorbei ist schon wieder selbst lachen muss, und ein Zitat von Clara, das insbesondere in seiner kontextfreien Variante eines der mächtigsten ist, die meinem Kopf je im Gedächtnis bleiben durften:

“Die armen Menschen!” (Barth, 2009)

Ich selbst spiele einen kindlichen Auszählreim, als wüsste ich nicht, dass die durch zwei teilbaren Varianten der aggresiv-gutmütigen und falsche Fairness vorgaukelnden Schüttler, stets immer wieder die gleiche Entscheidung hervorbringen. Der Inhalt und trockene Ausgang ist der geneigten Leserin sicher bereits seit meinem Hotelbericht aus Oslo bekannt. Man gibt sein Bestes für die Träume neben den Träumen. Man könnte auch sagen: die Träume nebenan.

Allmählich begebe ich mich mal an meine Hausaufgaben—sets und in guter alter Tradition zu allerletzt—und setze mich dazu in das faktische Nebenbett neben dem Bett. Es ist inzwischen selbstverständlich dunkel geworden.

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Auf dem Weg nach Kiel, Teil 1

Donnerstag, 22. April 2010 19:21

Auf der Fähre einchecken war ein Kinderspiel. Die Preise für die Überfahrt waren wohl kurzfristig etwas angehoben worden, aus gegebenem Anlass. Daher war der Unterschied zum Meerblick nur noch etwa 20 Euro. Einen kleinen Luxus, den ich mir gegönnt habe. Also beginnt meine Reise, wie ich rausfinden durfte, in der VIP-Lounge der Linie. Der Überblick über die Stadt, die gerade so tut, als seien Sonne und blauer Himmel hier der Naturzustand, lässt den gestrigen Tag noch einmal in der Erinnerung auftauchen. Durchatmen, grinsen, weiteratmen, laufen, grinsen, durchatmen (usw.). Zwei freie Cappuccini und einen Apfel später befinde ich mich auch schon auf dem Schiff. In voller Sonne auf die Abfahrt wartend. Ich senke hier das Durchschnittsalter. Das ist nicht mehr überall der Fall.


Durch die Drehung des Schiffs bekomme ich und alle anderen Reisenden einen letzten schönen Einblick in Aker Bryggen und auf das Rathaus. Oslo wird allmählich keiner. Die Reservierung im Restaurant kommt mir entgegen. Um 21.00 Uhr gibt es dann ein Buffet, zu einem annähernd Mitteleuropäischen Preis sogar. Frühstück sei inbegriffen und in der Observation Lounge. Das wird sicher erinnerungswürdig. Und natürlich gitb’s Duty Free, sogar die Minibar ist inklusive. Nunja, dann wird das Vorspiel (norwegisch für “Vorglühen”) ja umso interessanter, und ich kann mir beim Efüllen der Hausaufgaben vielleicht sogar eine Eins mit Sternchen verdienen.


Das Bild ist nicht montiert. Diese Zeilen wurden praktisch genau so geschrieben. Zimmer mit Blume, Bad mit Dusche. Eingestellt hatte ich mich naiver Weise auf etwas ganz anderes. Ich bekomme ein paar Steuern wieder, weil ich das eine oder andere eingekauft habe. Das Geld gibt’s bei der Rezeption. An Bord wird alles mit Kronen bezahlt. Die Dame klagt Ihr Leid: Die Leute lassen sich Euro auszahlen und wundern sich nachher über krumme Umrechnungskurse. Überhaupt sind meine Landsleute ganz offen extrem unfreundlich. Nicht alle zwar, aber doch ziemlich viele. Was ich die Leute in tiefstem Dialekt das Personal anschnautzen hören musste (wegen nichts und wieder nichts), hat mir glatt wieder den Atem verschlagen. Dann gibt mir die Dame ein Kabel und sagt, ich hätte in meiner Kabine Internet. Ich könnte ja auf Facebook gehen oder so. Ja, klar. Nachher werde ich diesen Text hochladen. Mehr nicht. Aber das ist dann doch zu dekadent ums jetzt nicht zu machen.



Nachdem ein mein Ärger über unverschämte Landsleute fast verflogen ist, gehe ich nochmal auf’s Sonnendeck und fange an die Landschaft zu genießen, schieße ein paar Fotos. Manche auch mit Schiff drauf. Ich möchte ja auch das eine oder andere Foto für Friedemann vorrätig haben. Eine weitere Reise, die sich schon allein aus ästhetischen Gründen lohnt. Mir kommen urplötzlich wieder mehr Ideen, meine Gedanken kreisen um allerlei Neues und Altes, was sich verbinden lässt was nicht. Die Stena Line (vermutlich von Kopenhagen nach Oslo) fährt vorrüber. Winken von beiden Seiten. Schnell wieder vorbei. Die See ist ruhig. Unglaublich ruhig. Fast ein Tümpel. Aber ich bezweifle, dass man auf diesem Schiff grundsätzlich groß mitbekäme, dass man auf dem Wasser ist.

Für Steffi kaufe ich nachher im Auftrag noch einen Duft auf Deck 7. Das scheint sich offenbar doch zu lohnen. Wenngleich ich—typisch Mann halt, und so—nix davon verstehe. Ansonsten gibt’s da eher wenig zu kaufen, für was ich Zielgruppe wäre. Deck 6 und 7 erinnern an US-amerikanische Malls. Faszinierend als Objekt der Menschen-Prozessier-Maschine. Fast so fremd, wie das einzige Casino, das ich je besucht habe (das Horseshoe in Indiana). Ich sehe viele leuchtende Augen. Die gab’s im Horseshoe damals nicht. Beim Cappuccino in der Observation Lounge kam ein “Ten Forward” Gefühl auf. Whoopie Goldberg hat allerdings gefehlt um die Sache perfekt zu machen. Jetzt bin ich gespannt, was der Abend und der Sonnenuntergang noch anzubieten haben.

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