Parallelwelten, Inkurs Hingabe

Jetzt über Hingabe. Ich hatte ja Link versprochen, das noch nachzuliefern. Die Hingabe ist ein sehr undurchsichtiges Gebilde, das sich durchaus dem Zwielicht nicht entzieht. Sie ist sogar erforderlich auf mindestens einer Seite der Türen, wenn es denn eine Begegnung zwischen den zunächst imaginierten Welten geben soll. Auf den ersten Blick und linear betrachtet, löst sich Verantwortung, weil ich (mich hingebend) die Illusion erzeuge, meine Steuerung sei möglichst fremd und damit wären auch meine Entscheidungen wenige. Jedoch ist dies nicht der Fall, da die Initialentscheidung dabei ja in allerlei Subentscheidungen zerfällt. Diese sind zwar, das haben Entscheidungen so an sich, grundsätzlich in ihren Folgen nicht mit Sicherheit vorhersehbar, jedoch ist der Rahmen mitsamt der Initialentscheidung aufhebbar—und zwar prinzipiell zu jeder Zeit. Es kann zwar Situationen geben, in welchen ein Einverständnis oder eine Zustimmung zur Handlung nicht mehr für die “Gesamterzählung” erforderlich ist. Der Rückruf der Entscheidung ändert jedoch an der Haltung etwas, damit auch an der Gesinnung und in Folge dessen selbstverständlich auch an der Kette der Verantwortung. Auch mir kam dieser Gedankengang zunächst recht bizarr vor—was er im erlebten Moment natürlich ist. In den Folgen ist die Schlussfolgerung jedoch klar und sehr einfach getrennt zu empfinden. Dieser Zwiespalt, zusammen mit dem Verlust an konkreter Kontrolle, zeichnet besonders interessante Figuren, deren paradoxe Zusammenhänge kaum zu entwirren sind. Zum Glück, wie sich immer wieder herausstellt, da die Zusammenhänge im hohem Maße unvorhersehbar sind.

Kalt-Blau
(Kalt-Blau, Studie)

Hinzu kommen Oberflächen, die aufgrund von erlebter Historie in Situationen auf bestimmte Weise einmischen. Die Rede ist von episodischen Entwicklungen, dem kompatiblen Reiz nach aufgrund mehrfacher Einschätzung durchaus massentauglich und genau deswegen interessant. Nicht selten von Kombinationen einer überschaubaren Anzahl einfacherer Bedürfnisse begleitet. Die so entstandenen Rituale, die sich besonders dadurch auszeichnen, dass ihre Funktion gerne verdeckt wird, spielen verstärkend oder verändernd in zeitlich begrenzte Situationen hinein. Sei es, dass sie die Ungewöhnlichkeit einer Situation unterstreichen oder eine (un)heimliche Bestätigung liefern, welche die Funktionen letztendlich doch noch aufzudecken vermag. “Konkretion” gefunden in einem Spiel des Unkonkreten, gelegentlich als Selbstzweck mißverstanden—ein Ansatz, der nie wirklich funktioniert, da er auch abgeleitete Bedürfnisse nicht befriedigt (auch wenn er das suggeriert).

Ob nun eine Hingabe mit oder ohne Beiwerk reizvoll ist oder nicht, kann nicht a priori festgehalten werden. Aber auch darin kann wiederum ein Reiz liegen, der uns den Übergängen zwischen den genannten Türen (wenngleich diese immer noch eine Metapher bleiben) näher bringt. Dieses wenig kontrolliere und wenig kontrollierbare Selbstexperiment gewinnt zunehmend an Tiefe, entwickelt seine Schichten und Farben.

Zur Stunde bin ich unklar, ob ich im nächsten Schritt eher über die Oberfläche des Erlebten schreiben soll (sowas wie Bilder von Sonnenuntergängen, nur eben anders) oder über die Kategorisierung (sowas wie Schemata des Sonnensystems, nur eben anders). Ich bin mir unsicher, was von beidem interessanter sein könnte. Eine Gegenüberstellung wird mir vermutlich in absehbarer Zeit noch nicht gelingen. Das ist, wenn überhaupt möglich, eher ein Projekt einer weiter entfernten Zukunft.

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Datum: Sonntag, 19. November 2006 22:46
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Ein Kommentar

  1. 1

    Tür durchschritten. Sieht alles so gleich aus hier, wie aufregend.
    In der Tat meine ich, die Hingabe führt nicht zur Fremdbestimmung (ein durchaus subjektiv plausibler Gedanke), sondern ermöglicht erst eine Entscheidung, da ich ohne sie auf Oberflächen zurückfallen muss, um zu Entscheidungen zu gelangen.
    Experimente sind gut, sie führen zu weniger Nicht-Erkenntnis. In der Anfangsphase sind sie wohl eher deskriptiv, explorativ. Also sollten vielleicht zunächst Bilder von Sonnenuntergängen im Vordergrund stehen. Ich freue mich darauf.

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