Zug der kurzfristen Hoffnung

Unten am Büro zog eine Demonstration vorbei. Lautstark immerhin und mit Ideen sogar. Es waren vielleicht ein paar hundert junge Menschen mit einer mehr als guten Idee. Wesentlich weniger als wir “damals” 1997. Aber mit nicht weniger Hoffnung in den Augen.


Seither hat sich ja schon viel getan. Leider so gut wie gar nichts in Richtung der von uns damals und nun von dieser neuen Generation immer wieder zu Recht geforderten Liste an Grundbedürfnisse. Es sind Grundbedürfnisse einer Gesellschaft, nicht nur von Individuen. Und wir hatten uns noch eingebildet, dass man die Studiengebühren stoppen könne. Das jemand zuhört und versteht. Als die Zyniker, die wir wohl daraufhin geworden sind, würden wir wohl heute sagen: Ach, zugehört haben sie. Verstanden haben sie auch. Und dann haben sie—Bulldozergleich—implementiert. Meine Studierenden fahren in der Regel zwei bis dreimal in den Urlaub. Die anderen haben wir nicht mehr da. Schön, dass sich das Bild so gesäubert hat.

Eingefordert werden die stets gleichen Ideen von ein paar wenigen Individuen, die insbesondere deshalb noch auffallen, weil sie zu den wenigen gehören, die noch etwas Eigensinniges bewahrt haben mögen. Die Forderungen sind, vor allem in einer Demokratie, mehr als berechtigt. Aufgrund der Schwere wirkt der Zug sehr bunt. Das hat mit der Hoffnung zu tun, und mit den Menschen, die diese Angelegenheiten noch an eine Öffentlichkeit tragen, die schon uns seinerzeit nicht mal auch nur kurz zugehört hatten.

Ein dummer Souverän ist sehr gefährlich.

Ganz abgesehen vom Grundwert, und will man ihn inzwischen auch vielerorts nur noch zur Ware degradieren. Selbst dann lohnt sich die hoch erscheinende Ivenstition. Vermutlich hierzulande mehr als alles andere. Die Renditen sollten stabil und unglaublich hoch sein. Die Demonstranten waren wohl Studierende. Und damit gehörten sie vermutlich (wenigstens statistisch) den Schichten gar nicht mehr an, für die sie hier etwas fordern. Aber sie haben verstanden, dass sie auch für sich etwas fordern. Indirekt und im Hinblick auf eine langfristiger Perspektive. Die kurzfristigen sind ja ohnehin weitestgehend verspielt worden. Dispositionsfähigkeit nannte man das früher. Das an sich galt mal als Schlüsselqualifikation. Anbei danke ich den vorbeiziehenden Menschen für die Ausnahme: Das war eine willkommene Störung.

Tags »

Autor:
Datum: Mittwoch, 9. Juni 2010 14:54
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Politik und Gesellschaft

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Diesen Artikel kommentieren

Kommentar abgeben

Login erforderlich