Verschlossen Verschlüsseln

So ist es nun also erneut: Keine Festung ist uneinnehmbar. Sie sind nur unterschiedlich schwer einnehmbar. Und nicht immer sind die leicht einnehmbaren die attraktivsten. So eine Sache der Natur.

Das Gleiche gilt für die Entschlüsselung der Nachricht, Daten erstmal (Big?), die mit dem geeigneten Kontext in Informationen transformiert werden können. Und es gibt sehr schwere Festungen. Manche haben Hintertüren qua Auslieferung. Ob man nun alte, uramerikanische Dialekte verwendet; die Schlüssel—so obskur sie dem Betrachter auch erscheinen mögen—sind als Information enkodiert. Wenn ich den Schlüssel habe—oder die Hintertür im den Algorithmus (d.h., wenn ich den Boten abfangen kann)—dann kann ich die Daten auf eine Weise re-interpretieren, dass fortan wieder Informationen daraus werden.

Verschlossen 1

Endlich habe ich verstanden, warum der Informationsbegriff so eine große Inflation hinnehmen musste seit den 1970er Jahren. Nichts besonderes. Für mich eine kleine Offenbarung am Rande einer Zugfahrt.

Nun was?

Sekundärenkodierung kann sich nach dieser bis hierhin leicht trivialisierten Logik Wissen bedienen und alle anderen klar in die Irre führen. Vor allem, wenn man den Begriff vorinflationär verwendet. Im Grunde ein urpoetisches Vorhaben gleichzeitig. Bloß mit leichter Verlagerung von der Ästhetik zur Funktion. Aber ästhetisch können wir’s immer noch machen. So habe ich lange über “Wissen ist Macht” gelächelt und dabei ganz genau den gleichen Fehler gemacht, den ich so vielen immer vorgeworfen habe: Ich habe Wissen mit Information verwechselt. Spöttisch sagen wir “Faktenwissen”, herabschauend (und schon das ganz zu Unrecht), und verwechseln da etwas ganz gewaltig. Ich habe das also in die Richtung eines “Herrschaftswissens” im postmodernen Sinn missinterpretiert. Wie dumm eigentlich. So lange komme ich dahinter und freue mich darüber, wie schon vor sehr langer Zeit Menschen gleichen Gemüts auf ähnliche Ideen gekommen sein könnten. Ihren Spuren zu folgen und den Folgen der Verschleierung (inkl. ganz herrlicher Verschwörungsanlagen) auf die Spuren zu kommen, ist ein ganz vortrefflicher Genuss. Ob dem Genuss ein Sinn anheim steht, muss erst noch geklärt werden.

Verschlossen 2

Was soll denn dann eigentlich verschlüsselt werden?

Verschlossen 3

Nun, ich bin in der Tat kein Verschwörungstheoretiker, schon aus Achtung gegenüber zuvor angegebenen Argumenten. So bliebe noch das explizite oder implizite Verbrechen, welches mir persönlich ferner gar nicht liegen könnte. Anderen möglicherweise nicht. Aber es bleiben noch weitere Gründe: Sollte man sich nun wünschen, dass eine Nachricht nur diejenigen verstehen können, die sich aufgrund des schon vorhandenen Wissens einen eingeschränkten Handlungsspielraum selbst verordnen, so muss dafür gesorgt werden, dass die Entschlüsselung der Inhalte ohne die daraus resultierenden Gewissensfolgen eher unwahrscheinlich wird. D.h. ein Wissensbestand ist nur aufzudecken, weil man zur Aufdeckung die notwendigen Maximen bereits für sich erobert haben muss.

“Sende stets so, dass die Maxime des Handels des Empfängers in hinreichendem Umfang erwarten lässt, dass er die für die Auflösung des Hintergrunds postulierten Maximen selbst bereits vollständig in das Selbstkonzept integriert hat.”

Verschlossen 4

So könnte die gegebene Nachricht zwar in erster Instanz technisch entschlüsselt und ihre Realisierungen offen gelegt werden, sie können jedoch von vielen nur zu einem nicht abschließenden Grad verstanden, die sich im Sinne des Senders nicht hinreichend befasst haben um eine Entschlüsselung überhaupt zu ermöglichen. Vereinfacht ausgedrückt: als könne nur jemand ein Konto eröffnen, der bereits die Grundlagen der Arithmetik beherrscht. Oder besser: Als könne nur jener ein Konto betreiben, der bereits Gelegenheit hatte, den Machiavelli selbständig und ohne weitere Hilfe zu widerlegen. Letzteres widerspricht dem Geldmarkt natürlich, und dies ist dann auch das Ende der hier zur Vereinfachung gewählten Analogie.

Verschlossen 5

Erst einmal abgeschlossen, stellt sich an dieser Stelle die Frage nach der Primärenkodierung erneut. In offenem Sichtfeld verstecken? Oder dennoch in einer Festung verbergen? Eine Festung verspricht natürlich einen Grund für ihre Existenz. Wanderer, die etwas im Wald umhertragen, sind—wenn sie einmal aufgespürt wurden—eine einfache Beute. Aber vielleicht vergisst man ja den Bettler am Straßenrand. Das damit einhergehende Differenzial ist schwer zu lösen, weil man dazu die Entscheidungskomplexität kennen muss, die bei zunehmender Breitensuche durchaus als gering zu erwarten ist. Es bleibt das alte Problem zwischen Breite und Tiefe.

Verschlossen 6

Freilich ist dieser ganze Text erneut ein recht arrogantes Exponat. Aber das lässt sich an dieser Stelle leider auch nicht durch zusätzliche Entschuldigungen entkräften.

Verschlossen 7

Post Sriptum:

Na? Könnt ihr das besser auflösen, als ich wie folgt? Zum Vergleich für eure Akten ein Beispiel (allein diese Konstruktion). Und nun noch einmal grafisch, vollautomatisch (ja, vor diesem Hintergrund lache ich über eure Wordle-Clouds, Word-Frequencies und sogar über die “einfachen” N-Gramme), et voilà:

Verschlossen Verschlüsseln

P.P.S.: Früher haben wir es einfach so ausgedrückt: Ätsch! Auch ein Code.

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Datum: Mittwoch, 20. November 2013 18:32
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