Ressource Begeisterung

Es ist kein Geheimnis mehr, dass keine Ausbildung mehr in eine sichere Anstellung führt. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen ist der Arbeitsmarkt ja bekanntlich nicht sehr entspannt und andererseits sind die Anforderungen an Berufe vielfältiger geworden und wandeln sich zu allem Überfluss dauernd. Es bringt also inzwischen weit mehr Anstrengung mit sich, einem Beruf, einer Disziplin zu folgen. Die Ansprüche, so heißt es, die man selbst an eine berufliche Karriere haben dürfe, seien einer Arbeitsmarktperspektive unterzuordnen. Zwar lassen sich Arbeitsmarkprognosen nicht einmal in Planwirtschaften über die Dauer eines Studiums hinweg stabil halten, dennoch gibt es nach wie vor Ausbildungen, welchen man einen höheren Markteinmündungswert zuspricht. Junge Menschen, die im Begriff sind, sich ausbilden zu wollen, sehen diese Argumente häufig anders.

Ich höre von Studierenden immer wieder, dass es “halt Spaß machen muss.” Ich glaube, nicht alle denken dabei an “Spaß”, wie ich das Wort verstehe. “Spaß” erinnert mich an Kindergeburtstage, Freizeitparks oder an eine verrückte Party. Wenn ich das für mich mit “Begeisterung” übersetze, machen diese Aussagen plötzlich mehr Sinn. Zumindest, was die Motivation der Studierenden angeht. Das ist zwar nicht alles—und nicht jeder stellt sich am Ende für jede Aufgabe gleich geeignet heraus—aber es macht einen Löwenanteil aus, wenn es um die hunderachzigprozentige Hingabe geht, die man zur Zeit für die beruflichen Aufgaben des Lebens mitbringen muss. Nicht selten lässt einen dann genau diese Begeisterung jenen Anteil mehr durchhalten, experimentieren, neugierig sein, der gebraucht wird, damit man wirklich gut wird. Leider zerbrechen immer noch viele Existenzen an dem oben angesprochenen Kompromiss. Sie lassen ein wenig, aber leider nicht genug Vernunft walten. Auf Anraten wird dann ein Ziel verfolgt, das man weder erreichen möchte noch erreichen kann.

Stimmt hingegen das Handwerkszeug und die Begeisterung, so sollte man sich von einer noch so düsteren Prognose bezüglich des eigenen Werdegangs nicht abschrecken lassen—überall werden gut Vertreter von Disziplinen und Berufen gebraucht. Nicht immer steht das genau so in Stellenausschreibungen, nicht immer stimmt das spätere Türschild mit dem Namen der Ausbildung überein. Anders herum, ist eine bestimmte Ausbildung bei weitem kein Garant für einen sicheren Arbeitsplatz, geschweige denn für eine erfolgreiche Karriere (wie auch immer man diesen Erfolg im einzelnen verstehen will).

Also bleibt einem nur ein vorsichtiges Abwägen. Eine allzuschnelle Ablehnung eines zunächst nicht so attraktiv erscheinenden Werdegangs zugunsten eines vielversprechenderen ist ebenso unsinnig, wie blindes “Drauflosspaßen”. Bleibt also das Wissen, dass der Arbeitsmarkt keine Monokultur mit drei vielversprechenden Karrierewegen ist—und dass infolgedessen in allen Berufen gute Arbeit gebraucht wird.

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Datum: Samstag, 1. Oktober 2005 10:44
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