Inglorious Bastards

So sehr wie dem Schleusenwächter lief mir zwar nicht das Wasser im Mund zusammen. Dazu ist mir das Thema zwar vertraut und gerade aus diesem Grund unheimlich. Jedoch war ich auch überrascht. Vielleicht ist das eine Veränderung bei Herrn Tarantino. Subtil waren die Einstellungen selten gewesen. Umso mehr überascht es, dass vor allem die ruhigen, sprachbetonten Szenen derart gelingen, dass sie grausamer werden als jede Tonne des beim Regisseur so üblichen Theaterbluts. Die furchtbarste Szene gibt es gleich am Anfang. Dass das übliche Suppression-to-Revenge Skript zwar angeschnitten aber nicht (wenigstens nicht in der üblichen Art) ausgespielt wird, tut sein übriges und verweist (am Ende auch sehr offensichtlich) auf die seinerzeit vorhersehbaren (aber nicht vorhergesehenen) Mängel der Vergangenheitsbewältigung.

Mehr Worte ließen sich über bewusst gesteuerte Farbakzente setzen, sind aber in einer Interpretation außerhalb des Films missverständlich und auch gegen Ende nicht so wichtig. Selbstverständlich bedient der Film Clichés. Einige dieser Clichés wären noch zu überwinden, damit das in sich Kaltblütige, das rationionalisierte Vernichten, noch eindrucksvoller wäre. Ob sich das überhaupt filmisch umsetzen lässt, ist eine andere Frage. In den Redewendungen kommen einem auch aktuelle Arten, Furchtbares zu rechtfertigen (mit Sicherheit absichtlich) recht bekannt vor. Aus einer wenig überschaubaren (weil gewaltigen) Menge an restloser Verachtung allen Menschlichen ist es Tarantino gelungen, einen Faden herauszulösen und uns gerade wegen der recht offensichtlichen historischen Abweichung viele noch heute halb-offensichtlich gehaltene Gegebenheiten sozusagen als Bumerang zweiter Ordnung wieder direkt ins Gesicht zu spielen.

Die schauspielerische Leistung des Herrn Walz in diesem Film ist in der Tat beeindruckend, was weniger mundet sondern einen äußerst bitteren Eindruck zeichnet und deswegen sogar über den Film hinaus weist: Im Einzelnen wird das Handeln vorstellbarer (nicht nachvollziehbarer!) und deswegen auch subjektiv noch widerwärtiger.

Kritker haben dem Film bisweilen eine fahrlässige Leichtfertigkeit attestiert (Jens Jessen in DIE ZEIT). Das kann ich in diesem Fall kaum nachvollziehen, obschon andere US-amerikanische Filmproduktionen sich diesem Vorwurf sicher oft zu recht stellen müssen. Wie ein Scherz wirkt Tarantinos Film nun wirklich nicht. Ich verstehe aber wie man das verwechseln kann: Die von Tarantino oft eingesetzte Absurdität großer Gewaltexzesse erzeugt eine stille, unheimliche Verfremdung und weist darauf hin, dass die Gräuel der – auch im Kino nur symbolisch – dargestellten Handlungen im Grunde weder darstellbar noch nachvollziehbar sein können. Das ist zwar nicht der einzige Weg dramaturgischer Analyse von im Grunde Undarstellbarem, aber es ist einer.

Der Film ist durchaus sehenswert. Man muss den Umständen entsprechend viel Gewalt erwarten: Sowohl direkt-grafisch als auch symbolisch als auch sprachlich.

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Datum: Donnerstag, 27. August 2009 7:15
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