Materielle Schichtungen und Dill-Emma

Anton Chechov hatte sich seinen Geschichten bedient um seine Medizin, insbesondere das Praktizieren, zu finanzieren. Ein interessanter Gedanke. Für Behandlungen hat er offenbar nichts verlangt. Er galt jedoch nur als mittelmäßig guter Arzt. Dass er dafür schreiben musste, dafür war ich ihm schon des öfteren dankbar. “Eine langweilige Geschichte” würde ich durchaus zu meinen literarischen Lieblingen zählen.

Jemand, den ich nun kürzlich das große Vergnügen hatte kennen lernen zu dürfen, finanzierte sich sein Medizinstudium durch seine Kunst. Damit hier keine Verwirrungen aufkommen: Es war insbesondere die Malerei und in Teilen die Bildhauerei und eher nicht die Alleinunterhalterei (nur für den Fall). Ein spannender Blickwinkel in immer wieder interessante Biographien. Das ist etwas grundsätzlich Schönes bei der Arbeit mit Studierenden: Nicht alles ist geradlinig, und die spannenden Fälle sind da eher ein guter Garant für das Fehlen einer veritablen Geradlinigkeit. Eine andere Studierende finanziert sich vollständig selbst, und ich habe den Eindruck gewonnen, eine besonders starke Chaosausprägung der Vieltausend-Baustellen ist nicht nur der Antrieb sondern auch das Werkzeug des immer wieder kehrenden Erfolgs. Andere sind erst am erwägen, ob sich ein Ausbruch lohnen könnte und zweifeln an der Instabilität und der mangelnden Kontrolle. Halbes Grinsen, Neugier und hoffentlich ein wenig induziertes kognitives Dilemma. Die Alternative, Verzeihung, Dill-Emma, vielleicht nicht ganz so wünschenswert.

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Datum: Sonntag, 20. Juni 2010 8:56
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