Die Überlegenheit des menschlichen Verstandes

Viele Leute sind so sehr von der Überlegenheit des menschlichen Verstandes überzeugt, dass sie darüber ganz vergessen ihn zu benutzen. Ich glaube nicht mehr wie früher, dass es sich dabei um ein—vielleicht sogar heilbares—Symptom handelt. Dieser Umstand scheint ein integraler Bestandteil des Verstandes zu sein. Er will nicht benutzt werden. Er (irgendwie operand) und die Umwelt (irgendwie klassisch) belohnen die Nicht-Nutzung auf so auffällig vielfältige Art, dass sie auf immer weniger geheimnisvoll wirkende Weise wie ein unattraktives Geschwür wirkt. Art und Weise der Funktion! Dass ich nicht lache! Es ist schonmal völlig unsexy einen Verstand zur Schau zu tragen, es ist völlig unökonomisch und ebenso höchst risikoreich, einen solchen offen einzusetzen.

Besser fahren jene, die ihn hin und wieder gegen Gebühr verleihen. Ganz richtig! Das führt zu einem intellektuellen Hase und Igel Spiel. Gut, verschafft einem auch nicht mehr Gesellschaft, aber ist ökonomisch schon ein kleines Quäntchen (sic!) besser. Davon gibt es mehr Auswüchse als man annehmen will. Man muss indes, wie vielfach erwähnt, etwas anderes tun als das was man versprochen hat. Sonst kann und will der Laie die Idee nicht kaufen. Weil er sie nicht versteht. Sonst wär’ er ja andererseits kein Laie. Ist ganz einfach. Und wär er kein Laie, dann müsste er nix kaufen (nein, das ist kein Teufelskreis). Macht man das, was man mit dem Laien vereinbart hat, passiert etwas latent tragisches: Nichts funktioniert. Versucht man indes mit dem Laien etwas Brauchbares im Vorfeld zu vereinbaren, kauft er’s nicht. Weil er’s nicht versteht. Wenn man also in diesem Prozess ganz ehrlich ist, fällt man auf die Nase—genau genommen fallen alle auf die Nase. Oder man kämpft ehrenamtlich gegen Windmühlen—denn: wer würde diesen Irrsinn auch finanzieren?

In einem Fall ist also jemand unzufrieden, weil der Experte die so plausibel klingenden (aber nicht umsetzbaren) Ideen nicht zu einem Guten umsetzen konnte. Im anderen Fall kommt man gar nicht erst dazu, etwas auszuprobieren. Man verkaufe also immer was Plausibles, fertige dann aber was Brauchbares an. Und alle sind zufrieden. So weit ist das natürlich Theorie. Funktioniert deswegen aber. Etwa wie folgt ließe sich das illustrieren—oder auch anders, aber jetzt ist es halt so geworden:

Nebenzeichnung 1


So entstehen hin und wieder aus Verzweiflung, dann und wann aus Verlegenheit, manchmal gar aus Langeweile die Ausbrüche eines Restverständchens. übriggeblieben in der Halbrevolution eines zwar nachmittäglichen aber gescheiterten Weltrettungsversuchs (halbherzig). Man kann, daraus abgeleitet, natürlich auch eine völlig unsinnige Maschine konstruieren—und immer noch völlig deduktiv:


 


Unsinnige Maschine


Sie hat, wie übrigens viele erfundene Maschinen, einen weder planerisch noch praktisch erkennbaren Nutzen für irgendjemanden, außer den einer meta-verdrehten Erheiterung, wenn man statt auf des Pudels Kern (der ist seit eh und je langweilig) auf des Rätsels Lösung stößt. Ein kleiner, aber nicht eben feiner Unterschied. Das Ende der Geschichte ist und bleibt aber klar: Sie kulminiert in einem Weltmodell ohne Inhalte, mit völlig arbiträren Bezügen, uneinschätzbaren Verzögerungen. Das ist dann eher die komplett chauvinistische Variante des Solipsismus. Wird Inhalt jedwelcher Art eingeführt hineingegeben, kommt vielleicht irgendwann mal irgendwas raus. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Und letzterer Fall ist sogar noch der zutiefst wünschenswerte. Jedenfalls kann man sich das Modell praktisch etwa so vorstellen (oder halt auch ganz anders, wahlweise):


 


Gegenstandsloses, systemdynamisches Modell


Obwohl: Praktisch ist eigentlich nichts dran. Aber das gehört ja so. Denn der Laie trifft die Entscheidung für die anstelle der Experten. Das ist zwar immer wieder richtig dumm, ist aber so. Manchmal hilft es, sich eine USB-Tastatur ins Ohr zu stecken (pluggen).


USB im Ohr


Man sollte bei einer solchen Konfiguration jedoch unbedingt davon absehen, andere mehr als erforderlich auf den verbundenen Instrumenten spielen zu lassen. Das kann wiederum zu absurden Situationen (ja, genau!) oder sogar zu bleibenden Schäden führen (wie vielfach empirisch repliziert). Hey, aber: Karriere ist nicht alles, oder? Träume sind Schäume und Fähigkeiten werden ja ohnehin überschätzt. Kausalattributionen sollten (!) hier natürlich ebenfalls ohne Verwendung des Verstandes durchgeführt werden. Kontingenzen sind doch was für Weicheier! Ganz anders wird das Problem von König Hanses dem Ersten und der Julia des Mondes gelöst. Obschon man dem Bild einen Teil der Tragweite des ganzen Irrtums oder die ganze Tragweite eines Teils des Irrtums entnehmen kann—aber nur, weil es bösartigerweise dahingehend bearbeitet wurde. Das verbogene Bildmedium, aber das ist eine andere Geschichte.


 


König Hanses I, Julia des Monds mit Tastatur


Hier endet die selbsterheiternde/~erhaltende Tirade. Aber wir halten soweit fest, dass alles anders wieder gleich zyklisch sich nicht von der Wiederholung ausschließen würde (Würde des Menschen und der kategorische Konjunktiv). Weil viele Leute so sehr von der Überlegenheit des menschlichen Verstandes überzeugt sind, dass sie darüber ganz vergessen ihn zu benutzen.

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Datum: Donnerstag, 10. Juli 2008 9:30
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