Ob Studiengebühren Studenten motivieren?

Wir haben uns vornehmlich aus den Staaten ein Modell für allgemeine Studiengebühren abgeschaut. Es gibt andere, funktionierende, in Europa. Vielleicht solche, die mit der bisher existierenden Kultur—in und außerhalb der Universitäten—vereinbarer sind.

Information Studiengebühren. Vergleichende Aufstellung im Stern.

Wenn es um Neuerungen geht, so schaut man jedoch gerne immer wieder über den Atlantik. Gleichzeitig bereiten wir den Bildungsmarkt mit Rankings und feineren Einstufungen, wie Evaluationen, langsam darauf vor, für Menschen einschätzbar zu werden, die gerne studieren möchten. Mit großer Neugier bin ich vor zwei Jahren zu einer Summerschool über den Atlantik geflogen, in eine der für mein Fach rennomierteren Universitäten. Voller Neugier, was die neue Welt und ihre hochgeschätzten Bildungsinstitutionen bieten mögen. Dabei natürlich die Reden im Ohr, die unsere Ministerinnen und Minister zu diesem Thema immer wieder zum Besten geben. Sehr überrascht war ich, als die Studierenden, die ich dort antraf, sich völlig anders verhielten als unsere zu Hause. Warum waren die so gleichgültig, schliefen in der Veranstaltung, zogen es vor, lieber ihre E-Mails nachzuschauen, zu surfen, statt den mehr als interessanten (und interessant dargebotenen) Inhalten zu folgen, sich zu beteiligen? Die hatten doch bezahlt—und das nicht zu knapp. Nun haben Studierende mindestens dreierlei Bedürfnisse, die sich direkt auf die Hochschule beziehen. Zum ersten möchten sie eine gute Ausbildung erhalten, zum zweiten eine Ausbildung, die auch außerhalb als gut gilt (siehe Rankings) und zum dritten einen Abschluss, der möglichst einen Karriereschritt darstellt. Im Idealfall märchenverträumter Vorstellungen gehen alle drei Hand in Hand, ja, sind als synonym zu betrachten. Eine solche Vereinigung gibt es indes sogar (auch wenn man das noch selten findet). Da kommen die Evaluationen und weitergehend die Rankings ins Spiel. Evaluationen, studentische Evaluationen (Studierende werden befragt), sollen die Qualität in der Lehre sichern. Sie sind in der Konstellation mit Studiengebühren (neben der häufig genutzten Möglichkeit, sich bessere Noten juristisch einzuklagen) der “blaue Brief” für Lehrende. Von den Evaluationen hängt für diese viel ab. Dann wird der schläfrige Umstand im Hörsaal plötzlich ganz klar:

“Gib’ mir die Bescheinigung, dass ich hier mitgemacht habe (5 davon brauche ich), ich bezahle ja schließlich dafür.” (Studiengebühren pro Kurs)
“Gib’ mir eine gute Note und ich evaluiere dich gut. Dann bezahlt Dich jemand dafür.” (Leistungsbezogenes Gehalt)

Würde ich mich als junger und noch wenig renommierter (und entsprechend bezahlter) Assistant Professor oder Teaching Professor gegen diesen Deal wehren? Würde ich? Nein? Okay. Studiengebühren motivieren Studierende möglicherweise. Es bleibt stark zu bezweifeln, ob sie in der erwünschten Form motiviert werden. Das wiederum hängt eng mit ihren Motiven zusammen. Nicht selten wird da ein entsprechend im Ranking hoch stehender Abschluss unabhängig vom Weg dorthin wahrgenommen. Entscheidend ist hier möglicherweise das Aufnahmeverfahren. Selbstverständlich gibt es Gründe dafür, dass eine Institution, ein Fach an einem Ort, im Ranking weiter oben steht. Mancherorts versucht man sich gar an einer inhaltlichen Evaluation (ein sehr aufwändiges und teures Verfahren). Dies bleiben jedoch immer Vergleiche zwischen Institutionen. Ob diese Unterschiede zwischen den Institutionen auch den allgemeinen Qualitätsstandard beleuchten, ist höchst fraglich—und im Sinne einer empirischen Messung genau genommen sogar völlig unsinnig.

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Datum: Freitag, 16. Dezember 2005 10:46
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