Meinungsübereinstimmung mit großen Parteien

Es ist schwer für sehr gewissenhafte Menschen, sich einer größeren Gruppierung anzuschließen, gegenüber der sie ggf. Kompromisse eingehen müssen. Die Frage, ob es eine größere Gruppierung, z.B. eine politische Partei gibt, die jemandes Interessen vollständig vertritt, wird hier oft überlegt. Wie verhält sich das mit den Meinungen verschiedener Menschen? Zwei beliebige Menschen haben zwei verschiedene Mengen unterschiedlichster Meinungen zu verschiedenen Themen. Es gibt darunter Schnittmengen und Differenzmengen. Und Graubereiche; davon solche, die gehbare Kompromisse darstellen und solche, die schlicht noch ungeklärt sind, also genau genommen in beiden Mengen nicht so richtig vorkommen, aber dispositioniert sein können. Die exakte Übereinstimmung eines Meinungsclusters (-klumpen) ist die Schnittmenge—und die ist vermutlich sogar in allen Fällen von der Vereinigungsmenge verschieden. Das ist auch der Grund, warum die eigentliche Schnittmenge kleiner wird, sobald jetzt noch ein dritter Mensch dazu kommt…usw. Hier wird zunächst einmal davon abgesehen, dass sich Meinungen durchaus auch dynamisch verändern und dass ein größerer vor allem identifizierender Zusammenschluss von Menschen immer auch Meinung bildet. Eine Partei hat viele tausend Meinungscluster, die sie zu vereinen sucht. Dass eine Schnittmenge da überhaupt existiert ist schlicht unwahrscheinlich. Also muss mittels zentraler Schlagworte die Zustimmung möglichst vieler gewonnen werden—etwa wie in der Werbung oder im Marketing. Wichtig dabei ist, dass es möglich ist, mit diesen Schlagworten möglichst viele unterschiedliche Meinungen zu assoziieren, damit alle zustimmen können. Auf diese Weise entsteht die Illusion, die Partei verträte zumindest einen gehörigen Anteil meiner Meinung. Das ist die einzige Chance, die große Parteien haben. Vermutlich gibt es formal keinen kleinsten gemeinsamen Nenner. Nun ist das in der Praxis nicht gar so dramatisch, wie ich das eben gezeichnet habe: Eine so große Vereinigung kann ja mittels ihrer Schlagworte und der späteren Auslegung dieser durchaus in eine annehmbare Richtung gehen. Wenn man sich das vorstellt, erhält man eine Ahnung, wie unglaublich träge ein solcher Apparat ist. Das ist andererseits kein Wunder, bedenkt man, wie viele Interessen es vordergründig zu berücksichtigen gilt. Wie würde ich das am Ende bewerten? Wenn es innerhalb einer Vereinigung keine Angelegenheiten gibt, die ich aus ethischen Gründen oder aus Gründen meines Gewissens ablehnen muss, dann kann ich mir ein Mitwirken überlegen—auch unter der Prämisse, dass es mir vermutlich in fünf Leben nicht gelingen würde, die Kompromisse, die ich damit eingehe, aufzulösen. So bleibt der Einfluss dessen, was ich für richtig halte, relativ gering—was ehrlich gesagt auch seine guten Seiten hat. Haben sich doch schon ganz andere Menschen trefflich geirrt. Die Frage indes, wie lange eine gute Idee braucht, bis sie ganz unabhängig vom Entscheidungsträger eingebracht werden kann, die beschäftigt mich schon lange. Ich stelle mir vor, ich habe in meinem Leben vielleicht eben nicht hunderte, sondern nur zwei gute Ideen. Als Abgeordneter, Minister oder sonstwas wäre ich dann vermutlich denkbar ungeeignet. Muss ich jetzt irgendwo eintreten, schlimmstenfalls sogar noch mit taktischen Überlegungen bezüglich der Partei, die in meiner Nähe stark ist? Muss ich den ganzen Parteiklüngel und die Machtspiele, die mir zuwider sind, mitmachen, nur um dann eine Idee einzubringen? Hört mir jemand zu? Ich habe den Eindruck mir werden Entscheidungen verkauft. Ich werde leider nicht dazu ermutigt, Gedanken einzubringen. Oder täusche ich mich da?

Tags »

Autor:
Datum: Montag, 5. September 2005 15:11
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Politik und Gesellschaft

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Diesen Artikel kommentieren

Kommentar abgeben

Login erforderlich