Die dunklen Gedanken des Schleusenwächters

Friedemann Hahn ist so gut wie promoviert als Historiker. Weniger bekannt ist, dass er Kurzgeschichten und Romane schreibt. Heda! Jetzt nicht angwidert wegsehen! Das ist nicht der schwülstige Krempel, den man sonst so im Internet findet. Es gibt eine Menge trockenen Humor, und der Mann verlangt seinem Publikum einiges an allgemeiner und spezieller Bildung ab (wenn man alle Zitate, Anspielungen und sonstigen sprachlichen Finessen verstehen will).Die Kurzgeschichten haben Biß —das heißt auch, dass sie bisweilen beißen. Nicht sich selbst, stilistisch gesehen. Sondern die geneigte Leserschaft. Prosa nennt er das, und er eröffnet das als Unterkategorie unter Schreiben. Man kann vermuten, dass da noch etwas Lyrik nachkommt. Wir können sie aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht finden. Friedemann Hahn hat ohnehin ein zumindest interessant zu nennendes Verhältnis zur Lyrik. Des Weiteren versorgt er uns mit aktuellen Anspielungen auf Schlagerunweiten, China (in letzter Zeit mehr—weil er dort ist), Umwelt, Mix aus diesem und jenem, gelegentlich vielleicht ein wenig auf sprachlichen Stelzen, aber darum umso spannender. Gerade die Mischung aus Fiktion und der Auseinandersetzung mit “jenem und manchem”, macht die Seite so interessant. Der Fuß in den Alltag könnte indes noch deutlich mehr mit demselben verbunden sein. So würde vielleicht an der einen oder anderen Stelle ein Link zu einer benachbarten Diskussion auch denjenigen Lesern helfen, die nicht eingedacht sind—in China, die Geschichte der Umweltpolitik, das Subversum der Schlager. Vielleicht will sich die Seite mit dem grünen Anstrich als Markenzeichen noch mehr mit dem Netz, in dem sie doch kontextuell eingebunden sein möchte, vereinen.

Friedemann Hahn ist mit seinem Weblog ein sehr guter Schnellstart gelungen, nachdem die alte Seite lange gut aber eben auch lange unangetastet blieb. Einen ausgesucht schönen Teil seiner Archive hat er zu Beginn mit eingebracht. Wir dürfen aber erwarten und darauf hoffen, dass das keine Eintagsfliege ist. Hier wird auch in Zukunft noch mehr zu lesen sein.

Fazit: Lesenswert und definitiv mit Suchtfaktor—man liest sich fest.

Link www.schleusenwaechter.de  

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Datum: Samstag, 29. Juli 2006 16:13
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