Arminio in Halle: Zeuge der Verletzlichkeit
Der Arminio in Halle. Bei den Händelfestspielen.
Festspielorchester und Ensemble ingesamt berauschend, vielfältig, machtvoll. Allem voran die wunderschönen Stimmen, allesamt. Unbedingt hin!
Die Inszenzierung ist mir erstmal nicht gefällig. Sie startet zunächst beinahe platt vor gemalter Mauer und vor gemaltem Einsturz derselben. Ergießt sich dann aber in einer Parabel. In einer Innenschau der Oper (auch wörtlich, denn durch das Bühnenbild suggeriert, sitzen wir bald hinter der Bühne, werden Bündnispartner der Kunst, der Künstler und des ganzen Geschehens). Wir sehen die Verletzlichkeit der Kultur. Wir, Publikum, stehen ja plötzlich hinter der Bühne, hinter dem Geschehen und sehen immer wieder, dass der Vorhang fällt. Ein Teil der Handlung ereignet sich im Enthoben-Verborgenen. All jene Dinge, die sich dem Geschichtsverständnis enziehen (immanent) und all jene, die sich den Härten des Kunstbetriebs widmen (aktuell). Und bis zum Schluss kämpfen sie alle für eine Tugend der Bewegung. Immer angegangen vom Formalen. Nichts ist grimmiger als dieser unaufhaltsame Tod, ein Lustmolch und Voyeur gleichzeitig, der ohne Stimme kommt, der immer da ist. Der sich aufgeilen will, aber nichts gibt. Und der sogar die Handlung unterbrechen kann. Niemand sonst kann das. Und in seinem verlängerten Arm, gibt er Regie noch an, wenn er doch eigentlich längst verjagt wurde, wenn der Vorhang – auch unser hinterer – längst gefallen ist. Auf der Bühne hat die Tugend freilich gesiegt. Hinter der Bühne noch längst nicht. Aber wir lernen auch: Die Bücher können hier in der Oper (im Theater) dem Feuer wieder entnommen werden, dem sie einst so unachtsam übergeben wurden. Was für ein Hoffnungsschimmer vor welch schöner Darbietung.