Beitrags-Archiv für die Kategory 'Politik und Gesellschaft'

Der ist nicht wie das Buch

Dienstag, 14. Juli 2009 8:43

Mal wieder über Rezensionen gestolpert. Der Film sei nicht wie das Buch und daher schlecht. Rezensenten erwarten allen Ernstes von einem 2-Stunden Film die gleichen tiefgreifenden Erlebnisse, die man mit 20 bis 30 Stunden Buch hat. Komprimiert auf 2 Stunden und transportiert in ein völlig anderes Medium. Kürzungen werden Filmen in der Regel vorgeworfen. Bitteschön, Rezensenten, lest doch Euren geschätzten Roman mal in 2 Stunden laut vor. Einfach so als Experiment. Ich wette Euer Vortrag ist schlechter als das Buch. Nehmt es als Einstieg in eine für Euch neue Überlegung: Die Inhalte zweier völlig unterschiedlicher Medien zu vergleichen ist irgendwie grundsätzlich blöde. Nur wer den Film eigentständig und von Grund auf bewertet, kommt vielleicht zu einem fairen Urteil. Bücher können als Vorlagen höchstens eine vage Inspirationsquelle für Filem sein. Darüber hinaus muss man im Film inbesondere im Hinblick auf vielfältige Innenansichten, interne Analysen, vieles operationalisieren. Wer keine Filme mag, soll sie nicht anschauen. Wer daraus jetzt lesen will, jeder Film sei gut, der irrt allerdings auch.

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Geheimtipp in Sachen römischer Sozialgeschichte

Donnerstag, 9. Juli 2009 21:53

Einen Geheimtipp in Sachen römischer Sozialgeschichte muss ich nun endlich mal hier loswerden. Ein großartiges Blog, das ein interessantes Thema spannend aufbereitet. Ich lese es schon seit einiger Zeit.

Link Allesgeschichte Blog

Eindeutige Empfehlung. Feeds abbonieren, lesen!

Thema: Politik und Gesellschaft, Wissenschaft | Kommentare (1) | Autor:

Dumm, naiv und gutgläubig

Mittwoch, 8. Juli 2009 10:48

Die Katastrophenmeldung erreichte mich früh am vergangenen Tag, frisch auf den Wirtschaftsseiten der Süddeutschen: Die Jugend ist optimistisch. Also, bezüglich ihrer Zukunft. Und das liegt nur daran, dass sie dumm ist. Also vielleicht jetzt nicht wirklich dumm, aber halt überhaupt nicht ausgebildet. In Wirtschaftsfragen. Dann würden die sich nämlich alle erschießen—oder halt ihre Klassenkameraden. Das wäre allemal besser, würde es doch den Arbeitsmarkt entspannen. Aber weil sie nicht mal wissen was eine Inflationsrate ist, gehen sie grinsend in eine verdammte, verdammte, verdammte Zukunft. Das kann allerdings nicht toleriert werden. Daher ist es sinnvoll, genau an diesem Punkt anzusetzen.

dumme_jugend_optimistisch

Das Fach Wirtschaft muss in die Schule, denn wir haben einen fachlichen Fleck entdeckt, wo wir die jungen heranwachsenden Menschen noch nicht völlig mit Pessimusmus und ordentlichem Leistungsdruck jedwelcher Perspektive und allem Interesse beraubt haben. Ich sehe ein, dass wir das nicht auf uns sitzen lassen können. Wenn die Jugend unsere allgemeine Niedergeschlagenheit nicht teilt. Es ist schließlich Krise. Da darf keiner Lachen. Altersversorgung ist auch so ein Thema, mit denen sich die 16-jährigen nicht hinreichend befasst haben. Einen gescheiten Rentenversicherungsvertrag ab dem 12. Lebensjahr, wer hat das schon? Gut, okay, wer sich wirklich auskennt, z.B. im Bezug zum Thema Inflationsrate (warum fällt mir das gerade ein) und im Bezug zu Vorhersagen, verzeihung, Longrange Planning and Forcasting, der wird hier schmunzeln. Aber darum geht es gar nicht so direkt. Es ist an der Zeit, dass die verstehen, dass sie nichts zu lachen haben werden. Und zwar, weil wir das alles vermasselt haben. Letzteres muss man ja nicht so laut äußern. Was aber gar nicht geht, ist dieser verwerfliche Optimismus “in Zeiten wie diesen”. Insofern ist die Idee, das Fach als Schulfach zu etablieren vielleicht doch gar nicht so blöd. Also jetzt nicht “Optimismus” sondern “Wirtschaft”. Das Gute ist: Die Jugendlichen sehen ja selbst ein, dass es so nicht weitergeht und melden selbst Bedürfnis an, in Sachen selbstauferlegter Dauerdepression ordentlich geschult zu werden. Prost.

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Haltloses Rumgepienze

Mittwoch, 24. Juni 2009 8:58

Erst jahrzehntelang Mist auf den Markt werfen, das ursprüngliche Kerngeschäft an den Rand des vollständigen Ausverkaufs führen, einen modernen Sklavenmarkt aufbauen und etablieren, gleich noch die ganze restliche mühsam aufgebaute junge Popkultur mit runterreißen, noch mehr Schund rauswerfen, das Publikum verhöhnen (okay, das ist der einzig gute Zug), die Kunst und die Künstler ausbeuten bis niemand mehr übrig bleibt, viele gute Ideen unter noch mehr Unsinn begraben… und dann rumpienzen, weil irgendwann selbst der letzte Trottel das Interesse am vergoldeten Unfug verliert.

Link Popkomm abgesagt

Das hat eine gewisse Ironie. Schade, dass es keine Selbstironie ist. Das wäre besser.

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Patriotismus-Scale

Freitag, 22. Mai 2009 8:57

Insbesondere der Presse mag es zu verdanken sein, dass der Spruch “traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast” nach wie vor ein wesentliches Misstrauen gegenüber Messbarkeit und darunter vielmehr gegenüber aggregierten Darstellungen auf dem numerischen Relativ zeigt. Liebe Diplom-Hobbystatistiker (Dipl. hob. stat.?), fragen Sie doch bitte mal, wie viele Bürger an die Aussagekraft einfacher Prozentauszählungen glauben.

Etwa so:

  1. Ich glaube, dass die Auszählungen von Statistik-Dienstleistern mir wirklich einen Einblick in die Gefüge der Gesellschaft zeigen und daher eine mündige Entscheidung erlauben.

  2. Och, ja, nee, irgendwie alles anders als da oben oder halt so.

Wollen wir mal gemeinsam eine Prognose wagen, wie diese Auszählung ausginge? Insbesondere, wenn sie repräsentativ ist? Nein? Wollen wir nicht? Och, schade.

Insbesondere, wenn kleinere Häufigkeitsunterschiede nicht nur gelegentlich als Unterschied interpretiert werden und größere dann wieder als gleich. Ein lustiges neues Beispiel für Unfug dieser und anderer Art findet sich mit Bezug auf das Grundgesetz:

Link Tagesschau: 60 Jahre Grundgesetz.

Die komplexeren Interpretationen sind aber sogar noch ein wenig lustiger, etwa wenn “Patriotismus” mit einer Frage abgedeckt und dann kulturell identisch interpretiert wird. Äpfel und Birnen, das durfte man zwar irgendwie noch nie, aber wenn man nicht daran gehindert wird. Bitte fahrt fort. Schmunzeln ist so schön.

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Killerspiele als dumme Generalverlegenheit

Donnerstag, 12. März 2009 9:24

Es gab einen Link furchtbaren Amoklauf. Die meisten werden es wohl mitbekommen haben. Das ist in sich grausam und traurig. Jetzt meint man einen Anhaltspunkt zu haben: LinkAmokläufer spielte Killerspiele“. Die Annahme dieser Kontingenz ist ebenso so dumm, wie sie sachlich falsch ist. Achtung, das bedeutet nicht, dass es hier keinen Zusammenhang geben könnte. Nur kann man das aus dem bloßen Vorhandensein eines solchen Spiels auf dem Rechner nicht schlussfolgern.

Warum kann man das nicht?

Naja, es ist—wenigstens in unseren Breiten—etwa so, als wenn man sagt: “Komisch, jeder Amokläufer bisher hat morgens gefrühstückt. Es muss am Frühstück liegen! Lasst Eure Kinder nicht mehr frühstücken!” Genauer: Wir wissen, dass man auf so gut wie jedem PC eines heranwachsenden männlichen Teenagers solche Spiele findet. Überall. Weil sie diesen Blödsinn alle spielen. Alle, ich meine: wirklich alle. Ich weiß auch nicht warum, weil der Spielmodus immer der gleiche bleibt und ich ihn reichlich langweilig und bekloppt finde. Aber sie spielen das Zeug nunmal alle. Man sehe sich nur mal die Umsätze dieser Unternehmen an. Die verkaufen das nicht nur an fünf arme Irre da draußen! Dann ist es auch kaum verwunderlich, dass man sowas auch beim Amokläufer findet. Zu Schlussfolgern, dass es daran gelegen haben müsse, erscheint mir ebenso dumm, wie die Schlussfolgerung mit dem Frühstück. Oder “Zähneputzen”—oder jede andere beliebige Gewohnheit, die den meisten hier zu eigen ist.

Warum indes niemand das Wort “Schützenverein” in den Mund nimmt, will mir wirklich nicht richtig klar werden. Eine ursächliche Beziehung ist hier zwar auch nicht ohne weitere Nachforschung nachzuweisen, jedoch ist das Merkmal ein bei Weitem weniger verbreitetes, d.h. es ist spezifischer und das bedeutet auch, dass es Erklärungsstabiler ist als das Frühstück oder die Spiele.

Bitte, Herrschaften, zu Ende denken! Es hilft.

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Subharmonische Revolution

Freitag, 13. Februar 2009 18:14

Ein bemerkenswertes Gespräch warf die Frage auf, ob eine harmonische Revolution ein Paradox sei. Eine friedliche Revolution ist ja möglich, wenigstens scheinbar—während die Frage bleibt ob im nachhinein als friedlich abgelaufene Revolutionen u.A. nur dann welche sein können, wenn ein Gewaltpotential (welcher Art auch immer) wenigstens vorhanden war—wenigstens bei einer der Parteien, oder wenigstens die Bereitschaft: Denn was machen nun zwei Gandhis, wenn sie komplett entgegengesetzter Meinung sind und auch noch etwas davon abhängt? Wie lange werden sie sich gegenübersitzen? Ich denke, friedliche Revolution in Kontrast zu einem real existierenden Aggressor ist da noch verhältnismäßig einfach.

Das Dilemma des unaufgelösten Konflikts:
“Kennste den schon: Zwei auf Kohlberg-Stufe 6 haben existentielle Meinungsverschiedenheit!”

Wenn der Aggressor fehlt, d.h. die Unterdrückung in geregelter Ordnung funktioniert (hat hier jemand Phantasien?!), was dann? Mal ehrlich, es ist nicht mehr reaktionär, eine Demonstration abzuhalten. Solche wirken in letzter Zeit auf viele berechtigterweise eher, wie Link bunte Karnevalsumzüge. Gehalt liest da keiner mehr raus. Schon gar nicht zivilen Ungehorsam und solcherlei. Ist halt lustig und so. “Hey, ich glaube, da war vorhin eine Demo gegen Menschenrechtsverletzungen oder sowas, naja, auch egal.” Das wirft natürlich (nicht zum ersten Mal) die Frage auf: Wenn alles erlaubt ist und alles Essentielle erstritten ist, dann geht das Individuum kein Risiko mehr ein. Dann verliert der Souverän noch den letzten Zahn und ihm (oder ihr) bleibt nichts anderes übrig, als die Suppe auszulöffeln, die die Staatsdiener (eigentlich als demütige Servanten geplant, sich aber zu Königen aufspielend) eingebrockt hat. Das steht einem gelegentlich der Sinn nach etwas weniger Harmonie, wenngleich auch nicht grundsätzlich.

Was wäre also eine harmonische Revolution? Eine mit durchweg positivem Ausgang? So dumm ist vermutlich kaum jemand. Aber was wäre so ein Konstrukt? Reflexion des inneren Exils (sehr zahnlos)? Als Musikverehrer fiele mir da noch, naja, die Enharmonische Subharmonische ein?! Kommt drauf an, was man als “Harmonie” versteht. Die reizvollen Verzerrungen des wohltemperierten Klaviers, die niemandem wirklich mehr auffallen? Die Konstrukte, die der Schlagerliebhaber so gerne als “atonal” verunglimpft—und deren Reize ganze Glückskaskaden auslösen können—alles etwas, das der C-Dur Dreiklang nicht kann, nie konnte?! Ich weiß es nicht, vielleicht ist die Idee grundsätzlich absurd. Anders herum: Wenn es denn dann nötig sein sollte, dann richtig?! Komplett unter Adrenalin und Testosteron? Dann hat man wenigstens was davon, bevor mal als Kind der ~ gefressen werden muss?

Thema: Politik und Gesellschaft, Staunen und Zweifeln | Kommentare (0) | Autor: